17.05.2024

1044. Bundesratssitzung vom 17. Mai 2024

Person am Rednerpult
Ministerpräsident Kretschmer stellt im Bundesrat die Initiative zur Verbesserung der deutsch-polnischen Beziehungen vor 
© Dominik Butzmann | photothek

Wichtigste Themen: Ausbau deutsch-polnischer Begegnungen + Schutz von Amts- und Mandatstragenden + Selbstbestimmungsgesetz + Klimaschutzgesetz + Wissenschaftszeitvertragsgesetz + Finanzierung Kita-Betreuung + Lärmschutzausnahmen EURO 24 + Wind auf See

Zur vollständigen Tagesordnung einschließlich aller Drucksachen, Beschlüsse usw. dieser Bundesratsplenarsitzung:

Hier finden Sie das Abstimmungsverhalten des Freistaates Sachsen und die Abstimmungsergebnisse aus der 1044. Sitzung des Bundesrates.

Ministerpräsident Michael Kretschmer hat im Bundesrat eine gemeinsame Initiative der Länder Sachsen, Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Thüringen zum Ausbau der deutsch-polnischen Begegnungen vorgestellt. Die Länder Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein sind der Initiative beigetreten.

Mit der Entschließung erinnern die Antragsteller an den 85. Jahrestag des Überfalls auf Polen und mahnen an, dass der Versöhnungsprozess nach dem Zweiten Weltkrieg auch heute noch nicht abgeschlossen sei. Polen hatte in diesem Krieg ein Fünftel seiner Vorkriegsbevölkerung, also weit mehr als fünf Millionen Menschen verloren.

Mit dem Beitritt Polens zur EU verbinde die beiden Länder nunmehr nicht nur eine lange gemeinsame Geschichte, sondern auch eine gemeinsame europäische Zukunft. Das 20-jährige Bestehen der EU-Mitgliedschaft Polens am 1. Mai 2024 biete daher einen guten Anlass, die deutsch-polnischen Beziehungen neu zu beleben. So bitten die Antragsteller die Bundesregierung u. a. darum, angesichts des 35. Jubiläums der Unterzeichnung des Nachbarschaftsvertrags im Jahr 2026, die Ausarbeitung eines neuen Vertragswerks mit Polen nach dem Vorbild des Aachener Vertrages zwischen Deutschland und Frankreich zu prüfen. Ebenfalls soll der Bundesrat die Bundesregierung bitten, ein deutsch-polnisches Haus in Berlin auf Grundlage des Bundestagsbeschlusses von 2020 und des am 23. August 2023 vorgestellten Konzepts zügig umzusetzen. Insbesondere im Bereich der deutsch-polnischen Jugendbegegnungen wünschen sich die Antragsteller eine deutliche Aufwertung u. a. durch eine Aufwertung des Beitrages des Deutsch-Polnischen Jugendwerkes und die Einführung eines deutsch-polnischen Interrail-Tickets nach dem deutsch-französischen Vorbild.

Die Initiative wurde von Sachsen und Brandenburg auf der gemeinsamen Kabinettsitzung am 30. April 2024 in Boxberg beschlossen. Berlin, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Thüringen haben ebenfalls beschlossen, die Initiative gemeinsam einzubringen. Vom 16. bis 17. Mai 2024 tagten die deutsch-polnischen Freundschaftsgruppen des Bundesrates und des polnischen Senats in Berlin. Ministerpräsident Kretschmer ist Vorsitzender der deutsch-polnischen Freundschaftsgruppe des Bundesrates.

Die Initiative wurde nach der Vorstellung zu Behandlung in die Ausschüsse verwiesen.

Die sächsische Justizministerin Katja Meier hat im Bundesrat einen sächsischen Gesetzentwurf vorgestellt, mit dem Amts- und Mandatstragende besser vor Einschüchterung und Stalking geschützt werden sollen. Das Land Schleswig Holstein ist der Initiative beigetreten.

Amts- und Mandatsträgerinnen und -träger sehen sich gerade in der derzeitigen politisch in Teilen der Gesellschaft polarisierten Stimmung immer wieder Übergriffen ausgesetzt, die auf Einschüchterung abzielen, um sie bei der Wahrnehmung ihres Amtes oder Mandats in eine bestimmte Richtung zu lenken oder sie von der weiteren Ausübung ihrer Tätigkeit abzuhalten, so Meier. Dieser Effekt werde dabei nicht zwingend durch eine einzelne Handlung, sondern meist durch die Gesamtheit mehrerer, auch von verschiedenen Personen unabhängig voneinander begangener Handlungen erzeugt. In der Vergangenheit sei bereits mehrfach zu beobachten gewesen, dass aufgrund solcher Übergriffe und durch die Aufheizung der Stimmung in einigen Gemeinden insbesondere Lokalpolitikerinnen und -politiker ihr Amt aufgäben. Auch die Fälle, in denen sich kaum noch Personen finden, die bereit sind, Ämter vor Ort zu übernehmen, sodass Stellen in der staatlichen und kommunalen Verwaltung nur schwer zu besetzen sind, häuften sich.

Das Strafrecht erfasse nach derzeitiger Rechtslage die gezielte Einschüchterung von Amts- und Mandatsträgerinnen und -trägern nicht als solche. Geschützt würden einige individuelle Rechtsgüter der Geschädigten, die oft, aber keineswegs immer bei solchen Übergriffen mitbetroffen seien.

Deshalb solle durch den Gesetzentwurf der strafrechtliche Schutz von Amts- und Mandatsträgerinnen und -trägern durch die Schaffung und Erweiterung von Straftatbeständen verbessert werden. Dabei soll gerade auch die Funktionsfähigkeit der Institutionen des Rechtsstaates sichergestellt werden. Hierfür soll der Schutz auch auf die europäische und kommunale Ebene ausgeweitet werden. Hierdurch sollen insbesondere auch Kommunalpolitikerinnen und -politiker erfasst werden, die solchen Einschüchterungsversuchen in ihren Gemeinden bisher oftmals weitgehend ungeschützt ausgesetzt sind. Deshalb soll u. a. durch die Erweiterung des § 106 StGB im Sinne einer wehrhaften Demokratie gewährleistet werden, dass Amts- und Mandatsträgerinnen und -träger ihre Entscheidungen nicht aufgrund von befürchteten Nachteilen außerhalb ihrer Tätigkeit, sondern frei nach den rechtlichen Vorgaben treffen. Wer sich für den Rechtsstaat engagiert, soll mit dem Schutz des Staates vor Übergriffen in die persönliche Lebensgestaltung hinein rechnen können. Versuche, durch mehr oder weniger subtile Drohungen ein Klima der Angst zu schaffen sollen unterbunden und damit auch weitere Menschen zur Übernahme von Ämtern und Mandaten motiviert werden.

Der Gesetzentwurf wurde zur weiteren Behandlung in die Ausschüsse verwiesen.

Der Bundesrat hat das Gesetz über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag und zur Änderung weiterer Vorschriften ohne die Unterstützung Sachsens passieren lassen. Zu einer begleitenden Entschließung hat sich der Freistaat enthalten. Aufgrund einer unterschiedlichen Bewertung des Gesetzes innerhalb der sächsischen Staatsregierung, hat sich der Freistaat Sachsen zur Frage der Nichtanrufung des Vermittlungsausschusses koalitionsbedingt enthalten. Der Freistaat hat zum Gesetz eine Protokollerklärung abgegeben.

Mit dem Gesetz wird das Transsexuellengesetz aufgehoben. Dieses war in weiten Teilen vom Bundesverfassungsgericht als nicht mit dem Grundgesetz vereinbar erklärt worden. Auf Grundlage der gesetzlichen Neuregelung sollen volljährige Menschen ihren Geschlechtseintrag (männlich, weiblich, divers oder keine Angabe) und ihre Vornamen künftig per Selbstauskunft beim Standesamt ändern können. Dies soll nun für trans- und intergeschlechtliche sowie nichtbinäre Personen einheitlich geregelt werden, also nicht mehr in zwei verschiedenen Gesetzen mit unterschiedlichen Voraussetzungen.

Die Änderung des Geschlechtseintrags muss drei Monate vorher beim Standesamt angemeldet werden. Nach der Änderung soll für eine erneute Änderung eine Sperrfrist von einem Jahr gelten. Damit soll verhindert werden, dass Entscheidungen übereilt getroffen werden. Für Minderjährige bis 14 Jahre gilt: Nur die Sorgeberechtigten können die Änderungserklärung gegenüber dem Standesamt abgeben. Ab dem Alter von 14 Jahren können es die Minderjährigen selber tun, benötigen aber die Zustimmung der Sorgeberechtigten. Diese dürfen nicht über den Kopf des Minderjährigen hinweg einen Geschlechtseintrag ändern, in einem solchen Streitfall würde ein Familiengericht nach Maßgabe des Kindeswohls entscheiden.

Der Deutsche Bundestag hatte Änderungen am Gesetzentwurf der Bunderegierung vorgenommen. U. a. wurde die Regelung zur automatisierten Datenweitergabe ersatzlos gestrichen.

Der Freistaat Sachsen hat deshalb gemeinsam mit Schleswig-Holstein zum Gesetzesentwurf eine Erklärung zu Protokoll abgegeben. In dieser betont er die Interessen der Sicherheitsbehörden, wenn eine Person nach dem Gesetz ihren Geschlechtseintrag oder Vornamen ändern lässt. Deshalb wird die Bundesregierung aufgefordert, bis Ende 2024 Regelungen für datenschutzkonforme effektive Sicherungsmaßnahmen vorzulegen. Diese sollen sich auf das Namensrecht im Allgemeinen und nicht nur auf diese Form der Namens- oder Geschlechtseintragsänderung beziehen.

Außerdem stimmte der Freistaat Sachsen einem erfolgreichen Antrag aus Hamburg zu. In diesem wird eine Reform des öffentlichen Namensrecht gefordert und die Bundesregierung wird um Prüfung gebeten, wie ein bundeseinheitliches, datenschutzkonformes und diskriminierungsfreies Datenmanagement gewährleistet werden kann, welches gleichermaßen den berechtigen Interessen der Sicherheitsbehörden an der Identifikation einer Person sowie dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung und dem Recht auf Schutz vor Diskriminierung gerecht wird.

Das Gesetz kann nunmehr nach Unterzeichnung durch den Bundespräsidenten verkündet werden und am 1. November 2024 in Kraft treten.

Der Bundesrat hat Änderungen am Klimaschutzgesetz mit der Unterstützung Sachsens passieren lassen. Zu einer begleitenden Entschließung hat sich der Freistaat koalitionsbedingt enthalten.

Mit dem Gesetz sollen die Voraussetzungen geschaffen werden, um das Ziel, 65 Prozent weniger CO2 Emissionen bis 2030 und Klimaneutralität bis 2045, erreichen zu können. Wie die Bundesregierung schreibt, steht der Entwurf im Kontext der gefährdeten, rechtzeitigen Erreichung der Ziele der UN-Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung. Hierzu sollen künftig Jahresemissionsgesamtmengen für alle Sektoren aggregiert eingeführt werden. Eine sektor- und jahresübergreifende Gesamtbetrachtung der Jahresemissionsgesamtmengen der Jahre 2021 bis einschließlich 2030 soll eine gegebenenfalls nötige Nachsteuerung ermöglichen.

Der Deutsche Bundestag hat im Gesetzgebungsverfahren Änderungen am Gesetz vorgenommen. Zu den nachträglichen Änderungen gehört, unter anderem, dass dem Sektor Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft (LULUCF-Sektor) eine besondere Bedeutung beim Thema »natürliche Senken« eingeräumt wird. Zudem wird klargestellt, dass der Nachsteuerungsmechanismus für die Jahre 2021 bis 2030 letztmalig im Jahr 2029 zu einem Nachsteuern führt. Hierdurch soll sichergestellt werden, dass keine Doppelung mit der Nachsteuerung für die Jahre 2031 bis 2040 erfolgt.

Darüber hinaus wird die Stellung des Expertenrates für Klimafragen erhöht. So soll der Rat auf Grundlage der Emissions- und Projektionsdaten festlegen, ob und inwieweit die Gesamtmenge der jährlichen Emissionszuweisungen an Deutschland nach der Europäischen Klimaschutzverordnung für die Jahre 2021 bis 2030 voraussichtlich eingehalten wird.

Der Umweltausschuss des Bundesrates hatte mit sächsischer Unterstützung eine Entschließung gefasst, in der er u. a. seine Aufforderung an die Bundesregierung bekräftigt, in allen Sektoren für den Klimaschutz notwendige Maßnahmen und Reformen zügig und konsequent umsetzen und weitere Maßnahmen zu ergreifen. Gerade für die Sektoren Verkehr und Gebäude seien systemisch wirkende Maßnahmen angesichts des hohen Emissionsniveaus und der steigenden bzw. unzureichend sinkenden Emissionswerte zu ergreifen.

Der Bundesrat hat mit den Stimmen Sachsens eine Entschließung beschlossen, in der der Bund aufgefordert wird, auch über das Jahr 2024 hinaus zu seiner finanziellen Verantwortung bei der Mitfinanzierung der Kindertagesbetreuung zu stehen und ab dem Jahr 2025 eine verlässliche und dauerhafte Finanzierungsbeteiligung für die vertraglich festgelegten Standards sicherzustellen.

Mit dem »Gute-KiTa-Gesetz«, wurde die Weiterentwicklung der Qualität und die Verbesserung der Teilhabe in der Kindertagesbetreuung festgeschrieben. Im Rahmen des Gesetzes haben sich Bund und Länder in Verträgen auf individuelle Vereinbarungen zur Qualitätsverbesserung verständigt, die bis zum Jahr 2024 auch mit finanzieller Unterstützung des Bundes finanziert werden. Eine Fortsetzung der Finanzierung der seitens des Bundes vertraglich vereinbarten Verbesserungen ist derzeit jedoch nicht vorgesehen. Bei einem Wegfall der Finanzierung durch den Bund ab 2025, würde die Finanzierung der gemeinsam vereinbarten Verbesserungen alleine die Länderhaushalte belasten. Die Sicherstellung einer guten KiTa-Qualität liegt jedoch in der gemeinsamen Verantwortung von Bund, Ländern und Kommunen. Der Entschließungsantrag umfasst außerdem die Bitte an die Bundesregierung, Länder, Träger und Kommunen bei der Gewinnung von Fachkräften, der Fachkräftestärkung und -sicherung vor Ort zu unterstützen. Die Umsetzung von Qualitätsverbesserungen sei nur mit einer ausreichenden Zahl an qualifizierten Fachkräften umsetzbar.

Der Bund wird deshalb auch aufgefordert die Mittel zu dynamisieren und ab 2025 seiner Finanzierungsverantwortung dauerhaft nachzukommen.

Abzuwarten bleibt nun, ob und in welchem Umfang die Bundesregierung ihre weitere finanzielle Beteiligung an der Kindestagesbetreuung im Bundeshaushalt etatisiert. An der Aufstellung des Haushalts für 2025 wird derzeit gearbeitet.

Der Bundesrat hat der Verordnung über den Lärmschutz bei öffentlichen Fernsehdarbietungen im Freien über die Fußball-Europameisterschaft der Männer 2024 mit den Stimmen Sachsens zugestimmt.

Mit der Verordnung können die öffentlichen Übertragungen der diesjährigen Fußball-Europameisterschaft der Männer über die üblichen Ruhezeiten hinausgehen. Fußball-Fans können die Spiele so auch am späten Abend und zu Beginn der Nacht im Freien auf Großleinwänden verfolgen.

»Public-Viewing«-Veranstaltungen müssen vom Ausrichter beantragt und von den zuständigen Kommunen zugelassen werden. Für den Zeitraum der diesjährigen Fußball-Europameisterschaft der Männer erweitert die Verordnung den Spielraum für die Behörden vor Ort. Die Durchführung der öffentlichen Fernsehdarbietungen im Freien kann nunmehr auch bis in die Nachtstunden nach 22 Uhr rechtskonform ermöglicht werden. Andernfalls könnten bei »Public-Viewing«-Veranstaltungen die für die Nachtstunden geltenden Lärmschutzanforderungen nicht eingehalten werden. Die Kommunen müssen auch weiterhin im Einzelfall abwägen zwischen dem öffentlichen Interesse an den Fußballspielen und dem Schutz der Nachtruhe. So müssen neben dem Publikumsinteresse also beispielsweise auch die Abstände zu Wohnhäusern und schutzbedürftigen Einrichtungen, die Sensibilität des Umfelds, Maßnahmen zur Lärmminderung sowie Umfang, Anzahl und Aufeinanderfolge der zugelassenen Ausnahmen berücksichtigt werden.

Von den insgesamt 51 Spielen beginnen 26 Spiele um 21 Uhr. Dazu gehören auch die Spiele, die in Leipzig ausgetragen werden. Da die Ausrichter von »Public-Viewing«-Veranstaltungen die sonst üblichen Lärmschutzstandards an vielen Orten nicht einhalten können, wurde diese zeitlich befristete Ausnahmeregelung notwendig. Sie gilt für die gesamte Dauer der Fußball-Europameisterschaft 2024 (14. Juni bis 14. Juli 2024).

Bereits bei den Fußball-Weltmeisterschaften der Männer seit 2006 bis zuletzt 2022 und bei den Fußball-Europameisterschaften 2008 und 2016 hatte es vergleichbare Verordnungen gegeben.

Der Bundesrat hat zum Entwurf der Bundesregierung für ein Gesetz zur Änderung des Befristungsrechts für die Wissenschaft (Wissenschaftszeitvertragsgesetz) im 1. Durchgang Stellung genommen. Der Freistaat Sachsen hat Teile der Stellungnahme unterstützt.

Das Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG) sieht gegenüber dem allgemeinen Befristungsrecht spezielle und erweiterte Regelungen für die Befristung von Arbeitsverträgen vor. Dadurch werden die Besonderheiten des Wissenschaftsbetriebes berücksichtigt. Das WissZeitVG war 2016 zuletzt novelliert worden, 2022 wurde diese letzte Novelle evaluiert. Im Lichte der Evaluationsergebnisse sollen mit dem vorliegenden Gesetzentwurf im Wesentlichen folgende Änderungen vorgenommen werden:

  • Für Erstverträge in den Qualifizierungsphasen vor und nach der Promotion werden regelmäßige Mindestvertragslaufzeiten von drei (Promotionsphase) bzw. zwei Jahren (Post-Doc-Phase) für Erstverträge eingeführt. Kürzere Verträge sind nur in begründeten Ausnahmefällen zulässig.
  • In der Qualifizierungsphase nach abgeschlossener Promotion (Post-Doc-Phase) wird die zulässige Höchstbefristungsdauer von bislang sechs Jahren – bzw. neun Jahren in der Medizin – auf vier Jahre gesenkt. Eine weitere Befristung für höchstens zwei Jahre ist nur zulässig, wenn eine anschließende Übernahme in ein unbefristetes Beschäftigungsverhältnis (Anschlusszusage) bei Erreichen einer Zielvereinbarung gegeben wird (»4+2-Modell«).
  • Es wird ein verbindlicher Vorrang der Qualifizierungsbefristung vor der Drittmittelbefristung etabliert, damit die mit der Qualifizierungsbefristung zusammenhängenden Vorteile (Vertragsverlängerungen wegen familienbedingter Ausfallzeiten wie Mutterschaft oder Elternzeit) stärker zum Tragen kommen. Eine Befristung wegen Drittmittelfinanzierung ist vor und nach der Promotion erst zulässig, wenn die jeweils zulässige Befristungsdauer der Qualifizierungsbefristung ausgeschöpft ist.
  • Bei Verträgen nach § 2 Abs. 1 wird ein zeitlicher Mindestumfang von mindestens einem Viertel der regelmäßigen Arbeitszeit ergänzt.
  • Die Gestaltungsmöglichkeiten der Tarifpartner werden gestärkt, indem die bislang geltende Tariföffnungsklausel (sog. »Tarifsperre«) erweitert wird.
  • Bei studienbegleitender Beschäftigung wird die Höchstbefristungsdauer von sechs auf acht Jahre erhöht, damit Studierende auch bei Überschreiten der Regelstudienzeiten ihre Nebentätigkeit fortsetzen können. Darüber hinaus gilt für studienbegleitende Tätigkeiten eine Mindestvertragslaufzeit von in der Regel einem Jahr.
  • Das Gesetz über befristete Arbeitsverträge mit Ärzten in der Weiterbildung (ÄArbVtrG) soll geändert werden, u. a. soll der bisherige Vorrang des WissZeitVG aufgehoben werden.

Der federführende Ausschuss für Kulturfragen des Bundesrates hat einige der Neuregelungen begrüßt (u. a. Mindestvertragslaufzeiten, Verlängerungsmöglichkeiten wegen der Pflege von Angehörigen, Erhöhung der Höchstdauer für studienbegleitende Tätigkeiten), andere aber kritisch hinterfragt. So soll zumindest für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die sich auf klassischem Wege habilitieren, eine Option geschaffen werden, auch ohne Anschlusszusage die Höchstbefristungsdauer für die Post-Doc-Phase weiterhin bei sechs Jahren zu belassen. Zudem wendet sich der Ausschuss gegen eine Ausweitung der Gestaltungsmöglichkeiten der Tarifpartner, da ansonsten einer Zersplitterung des Wissenschaftssystems durch unterschiedliche Regelungen Vorschub geleistet und Wechselmöglichkeiten zwischen Hochschulen und wissenschaftlichen Forschungseinrichtungen eingeschränkt würden. Der Finanzausschuss hält eine Präzisierung der zu erwartenden Belastung der Länderhaushalte für erforderlich, der Gesundheitsausschuss empfiehlt eine Klarstellung für die Qualifizierung von Fachpsychotherapeutinnen und Fachpsychotherapeuten. Sachsen hat die Stellungnahme koalitionsbedingt nur teilweise unterstützt.

Der Bundesrat hat zum Gesetzentwurf zur Umsetzung der EU-Erneuerbaren-Richtlinie in den Bereichen Windenergie auf See und Stromnetze und zur Änderung des Bundesbedarfsplangesetzes, im 1. Durchgang umfangreich Stellung genommen. Der Freistaat Sachsen hat weite Teile der Stellungnahme unterstützt.

Mit dem Gesetzgebungsvorhaben soll die Erneuerbaren-Energien-Richtlinien RED III der europäischen Ebene für den Bereich Windenergie auf See und Stromnetze in nationales Recht umgesetzt werden.

Der Gesetzentwurf setzt die Festlegungen der Richtlinie (EU) 2018/2001 in den Bereichen Windenergie auf See sowie Stromnetze um. Zudem werden Regelungen der Richtlinie 2010/75/EU über Industrieemissionen, soweit noch nicht durch bestehende Vorschriften abgedeckt, umgesetzt. Es werden Änderungen im Gesetz zur Entwicklung und Förderung der Windenergie auf See (Windenergie-auf-See-Gesetz), im Gesetz über die Elektrizitäts- und Gasversorgung (Energiewirtschaftsgesetz) sowie im Netzausbaubeschleunigungsgesetz Übertragungsnetz (NABEG) vorgenommen. Darüber hinaus werden Änderungen am Bundesbedarfsplangesetz vorgenommen.

Der Entwurf sieht vor diesem Hintergrund u. a. vor:

  • Der Flächenentwicklungsplan soll künftig Beschleunigungsflächen festlegen. Die dafür erforderlichen Anpassungen werden vorgenommen und die Vorgaben der Richtlinie umgesetzt.
  • Für Vorhaben auf Beschleunigungsflächen werden die Anforderungen an die Genehmigungsverfahren umgesetzt. Die Erleichterungen der Richtlinie zur Umweltverträglichkeits- und artenschutzrechtlichen Prüfung werden umgesetzt.
  • Weitere Vorgaben der Richtlinie zur Ausgestaltung des Genehmigungsverfahrens wie die Einführung einer Bestätigung der Vollständigkeit werden umgesetzt.
  • Für den Bereich Wasserstofferzeugung auf See werden Anforderungen aus der Richtlinie 2010/75/EU über Industrieemissionen umgesetzt, soweit diese nicht durch bestehende Vorschriften abgedeckt sind. Die Errichtung von Anlagen zur Wasserstofferzeugung auf See soll im überragenden öffentlichen Interesse liegen.
  • Die Digitalisierung der Planfeststellungsverfahren in der ausschließlichen Wirtschaftszone wird anlässlich Artikel 16 Absatz 3 der Richtlinie (EU) 2023/2413 weiter vorangetrieben. Durch die Digitalisierung der Kommunikation zwischen den Behörden untereinander wird das Genehmigungsverfahren effizienter.
  • Die Planfeststellungsbehörde oder die nach Landesrecht zuständige Behörde kann zukünftig Infrastrukturgebiete für die Umsetzung von Netzprojekten ausweisen. Die Regeln zur Ausweisung der Infrastrukturgebiete werden festgelegt und Vorgaben, insbesondere bezogen auf verhältnismäßige Minderungsmaßnahmen, festgeschrieben.
  • Für Vorhaben in Infrastrukturgebieten kann von einer Umweltverträglichkeits- und artenschutzrechtlichen Prüfung abgesehen werden. Die Planfeststellungsbehörde führt stattdessen ein Überprüfungsverfahren durch, um unvorhergesehene nachteilige Auswirkungen zu mindern oder auszugleichen. Für Bestandsgebiete, die in der Regelung definiert werden, gilt diese Privilegierung ebenfalls.

Der Gesetzentwurf wird seitens des Freistaates Sachsen in Teilen als kritisch bewertet, so vor allem im Hinblick auf zahlreiche naturschutzfachliche und genehmigungsrechtliche Sachverhalte. Auch die umfangreiche Stellungnahme des Bundesrates begleitet den Gesetzentwurf durchaus kritisch und unterbreitet dringliche Vorschläge zur Verbesserung des Gesetzentwurfs für die weiteren Beratungen im Deutschen Bundestag.

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