20.12.2024

1050. Bundesratssitzung vom 20. Dezember 2024

Drei Personen posieren für ein Foto
Der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer mit dem Ministerpräsidenten von Brandenburg Woidke und dem thüringischen Ministerpräsidenten Voigt 
© Landesvertretung Sachsen

Wichtigste Themen: Resilienz Bundesverfassungsgericht + Steuerfortentwicklungsgesetz + Deutschlandticket + Filmförderung + Hofraumverordnung + Unterstützung Automobilindustrie + Integration von Asylbewerbern in den Arbeitsmarkt + Opfer häuslicher Gewalt + Wehrdienst +Sportfördergesetz + Ladesäulenrecht + Schwertransporte

Zur vollständigen Tagesordnung einschließlich aller Drucksachen, Beschlüsse usw. dieser Bundesratsplenarsitzung:

Hier finden Sie das Abstimmungsverhalten des Freistaates Sachsen und die Abstimmungsergebnisse aus der 1050. Sitzung des Bundesrates.

Der Bundesrat hat mit den Stimmen Sachsens zwei Gesetzen zugestimmt, die die Resilienz des Bundesverfassungsgerichts gegen Eingriffe des Gesetzgebers erhöhen sollen. Hintergrund der Gesetzgebung waren Entwicklungen in anderen Staaten, darunter auch europäische Staaten, bei denen Regierungen in die Funktionsweise der Verfassungsgerichte eingegriffen hatten.

Eines der beiden Gesetze sieht Änderungen des Grundgesetzes vor. Der Bundesrat stimmte dem Gesetz einstimmig zu. In Artikel 93 und Artikel 94 soll festgeschrieben werden, dass das Bundesverfassungsgericht ein eigenständiges Verfassungsorgan ist, dessen Entscheidungen die Verfassungsorgane des Bundes und der Länder sowie alle Gerichte und Behörden binden. Dies war schon bisher der Fall, war aber in der Verfassung nicht explizit festgehalten, sondern nur in einem sogenannten einfachen Gesetz, dem Bundesverfassungsgerichtsgesetz und wurde zudem aus dem Grundgesetz abgeleitet.

Die Wahl der Richterinnen und Richter des Bundesverfassungsgerichts jeweils zur Hälfte durch den Bundestag und den Bundesrat wird normiert, wobei die Möglichkeit geschaffen wird, im Bundesverfassungsgerichtsgesetz einen Ersatzwahlmechanismus zu schaffen. Festgelegt werden zudem die Anzahl der Senate, die Anzahl von acht Richtern pro Senat des Gerichts sowie die maximale Amtszeit von zwölf Jahren, das Höchstalter der Richterinnen und Richter von 68 Jahren und der Ausschluss der Wiederwahl, die zuvor nur in einem sogenannten einfachen Gesetz, dem Bundesverfassungsgerichtsgesetz, geregelt waren. Diese Regelungen hätten daher mit einer einfachen Mehrheit im Bundestag verändert werden können. Durch die Aufnahme in das Grundgesetz bedarf eine Änderung der Zustimmung von zwei Dritteln der Mitglieder des Bundestages und zwei Dritteln der Stimmen des Bundesrates.

Ein weiteres Gesetz nimmt Änderungen am Bundesverfassungsgerichtsgesetz vor und schafft den durch die Änderungen am Grundgesetz ermöglichten Ersatzwahlmechanismus. Falls das ursprünglich berufene Wahlorgan (Bundestag oder Bundesrat) nach drei Monaten noch keine Wahl eines Nachfolgers getroffen hat, kann das jeweils andere Wahlorgan einen Richter wählen. Dieses Gesetz wurde ebenfalls vom Bundesrat gebilligt.

Nicht aufgenommen wurde ein Zustimmungserfordernis des Bundesrates für Änderungen des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes. Der Bundesrat hatte im September 2024 mit den Stimmen Sachsens den Bundestag dazu aufgefordert, in das geplante Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 93 und 94) das Zustimmungserfordernis des Bundesrates für Änderungen des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes aufzunehmen. Dies hatte zuvor bereits eine von der Justizministerkonferenz eingesetzten Bund-Länder-Arbeitsgruppe »Wehrhafter Rechtsstaat« in ihrem Bericht vom 18. April 2024 nebst einem dazugehörigen Gesetzentwurf, der am 20. Juni 2024 seitens des Vorsitzlandes der Präsidentin des Deutschen Bundestages übermittelt wurde, vorgeschlagen und ausführlich begründet, unter anderem mit der Zuständigkeit des Bundesverfassungsgerichts für Bund-Länder-Streitigkeiten und den Auswirkungen der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes für alle öffentlichen Institutionen in Deutschland.

Die Gesetze wurden als Fraktionsinitiative der Fraktionen der SPD, der CDU/CSU, von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP in den Deutschen Bundestag eingebracht und dort erst am Vortag beschlossen. Der Bundesrat hat die Gesetze deshalb in einem sogenannten »unechten zweiten Durchgang« und ohne Ausschussbefassung verabschiedet.
 
Nach der Zustimmung des Bundesrates werden die Gesetze dem Bundespräsidenten zur Unterzeichnung und Ausfertigung zugeleitet, bevor sie im Bundesgesetzblatt verkündet werden und in Kraft treten.

Der Bundesrat hat dem – gegenüber dem Regierungsentwurf stark veränderten – Gesetz zur Fortentwicklung des Steuerrechts und zur Anpassung des Einkommensteuertarifs (Steuerfortentwicklungsgesetz) mit den Stimmen Sachsens zugestimmt.

Das ursprüngliche Steuerfortentwicklungsgesetz umfasste eine Vielzahl von Maßnahmen zur Entlastung der Bürgerinnen und Bürger und der Wirtschaft.  Vom Deutschen Bundestag wurde nach dem Auseinanderbrechen der Regierungskoalition in Anbetracht der aktuellen politischen Entwicklung eine starke Kürzung der Maßnahmen beschlossen, so dass das noch Gesetz die nachfolgenden Entlastungsmaßnahmen umfasst, die teils auch verfassungsrechtlich geboten sind:

  • Anhebung des in den Einkommensteuertarif integrierten Grundfreibetrags von 11.784 Euro um 312 Euro auf 12.096 Euro in 2025 und von 12.096 Euro um 252 Euro auf 12.348 Euro in 2026
  • Verschiebung der übrigen Tarifeckwerte (mit Ausnahme des obersten Tarifeckwerts für Beginn des sog. Reichensteuersatz) um 2,6 % in 2025 und Verschiebung des zweiten und dritten Tarifeckwerts (mit Ausnahme des obersten Tarifeckwerts für Beginn des sog. Reichensteuersatz) um 2,0 % in 2026 zum Abbau der kalten Progression
  • Anhebung der Freigrenzen beim Solidaritätszuschlag auf 19.950 Euro in 2025 und auf 20.350 Euro in 2026
  • Anhebung des Kindergeldes von 250 Euro um 5 Euro auf 255 Euro je Monat im Jahr 2025 und von 255 Euro um zusätzliche 4 Euro auf 259 Euro je Monat im Jahr 2026
  • Anhebung der steuerlichen Kinderfreibeträge von 6.612 Euro (9.540 Euro gesamt) um 60 Euro auf 6.672 Euro (9.600 Euro gesamt) in 2025 und von 6.672 Euro (9.600 Euro gesamt) um 156 Euro auf 6.828 Euro (9.756 Euro gesamt) in 2026
  • Anhebung des Kindersofortzuschlags, der im SGB II, XII, AsylbLG gewährt wird und den Kinderzuschlag erhöht um 5 Euro ab 2025

Die Bürgerinnen und Bürger sollen mit diesem Gesetz um rd. 13,725 Mrd. Euro entlastet werden.

Der Bundesrat hat dem Zehnten Gesetz zur Änderung des Regionalisierungsgesetzes mit den Stimmen Sachsens zugestimmt und damit die Finanzierung des Deutschlandtickets für das Jahr 2025 sichergestellt.

Mit dem Gesetz wird der Beschluss des Bundeskanzlers mit den Regierungschefinnen und -chefs der Länder vom 6. November 2023 zur Finanzierung des Deutschlandtickets umgesetzt. So wird die bislang vorgesehene jährliche Abrechnung der Deutschlandticket-Regionalisierungsmittel durch eine auf den Zeitraum 2023 bis 2025 bezogene gemeinsame Abrechnung ersetzt. Dies ermöglicht den Ländern eine überjährige Verwendung dieser Mittel.

Der Bundesrat hatte im 1. Durchgang Kritik an der im ursprünglichen Gesetzentwurf angedachten Kürzung der regulären Regionalisierungsmittel i. H. v. 350 Mio. Euro als haushaltskonsolidierende Maßnahme im Jahr 2025 geübt. Die Mittelkürzung wurde im parlamentarischen Verfahren gestrichen ebenso wie das vorgesehene Tarifverbot, wonach die Länder die regulären Regionalisierungsmittel nicht für subventionierte Tarifvarianten des Deutschlandtickets wie bspw. Schüler- oder Sozialtickets einsetzen dürfen sollten.

Der Bundesrat hat eine sächsische Initiative zur Entfristung der Hofraumverordnung beschlossen.

Der Verordnungsentwurf bezweckt die Streichung der Befristung in der bestehenden Verordnung zur Änderung der Verordnung über die grundbuchmäßige Behandlung von Anteilen an ungetrennten Hofräumen (Hofraumverordnung – HofV). Mit Auslaufen der Hofraumverordnung droht der Verlust der Verkehrsfähigkeit der hiervon betroffenen Grundstücke, da Verfügungen über oder die Zwangsvollstreckung in diese Grundstücke nicht mehr möglich wären. Die Eigentümer könnten die Grundstücke ab dem 1. Januar 2026 somit weder veräußern, noch beleihen, etwa, um dringend notwendige, jedoch kreditfinanzierte Sanierungsarbeiten am Grundstück durchzuführen. Die Streichung der Befristung der Verordnung sichert die weitere Verkehrsfähigkeit dieser Grundstücke.

Die aktuell geltende Verordnung tritt zum Ende des Jahres 2025 außer Kraft. Die Bundesregierung war bei der Neufassung der Verordnung im Jahr 2017 davon ausgegangen, dass die Auflösung ungetrennter Hofräume bis zum Ablauf des Jahres 2025 abgeschlossen sein würde. Es hat sich aber gezeigt, dass in Nordsachsen aktuell noch etwa 380 Anteile an ungetrennten Hofräumen bestehen. Diese werden zwar alle in Flurbereinigungsverfahren bearbeitet, mit deren Abschluss ist nach Einschätzung der obersten Flurbereinigungsbehörde nicht vor dem Jahr 2035 zu rechnen. Mit dem Auslaufen der ersten Hofraumverordnung von 1993 sah die gerichtliche Praxis die Anteile am ungetrennten Hofraum nicht mehr als Grundstücke im Rechtssinne an. Es bedarf daher einer Regelung, mit der die formale Grundbuchfähigkeit hergestellt wird, damit die Übertragung des Eigentums und die Beleihung der Grundstücke möglich sind.

Der Verordnungsentwurf wird nun der Bundesregierung zugeleitet, die über den Erlass entscheidet.

Der Bundesrat hat mit den Stimmen des Freistaates Sachsen die Einbringung eines Gesetzentwurfes zur frühzeitigen Integration von Asylbewerbern in den Arbeitsmarkt in den Deutschen Bundestag beschlossen.

Ziel des Gesetzesantrages ist es, Asylbewerbern grundsätzlich bereits nach drei Monaten den Zugang zum regulären Arbeitsmarkt zu eröffnen, und zwar künftig unabhängig davon, ob sie verpflichtet sind, in einer Aufnahmeeinrichtung wohnen oder bereits in einer Anschlussunterbringung untergebracht sind. So soll der gesellschaftlichen Erwartungshaltung und der Bereitschaft vieler Asylbewerber Rechnung getragen werden, möglichst rasch eine Arbeit aufzunehmen. Hierdurch sollen darüber hinaus die Sozialsysteme entlastet werden. Nach der derzeitigen Rechtslage unterliegen Asylbewerber für drei bzw. sechs Monate einem absoluten Beschäftigungsverbot – je nachdem, ob sie noch dazu verpflichtet sind, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen. Um das angestrebte Ziel zu erreichen, ist eine Änderung von § 61 des Asylgesetzes vorgesehen. Gleichzeitig soll der Zugang zum regulären Arbeitsmarkt für diejenigen Asylbewerber weiterhin ausgeschlossen bleiben, bei denen die Gesetzeslage ein absolutes Beschäftigungsverbot vorsieht, weil sie das Asylrecht missbrauchen. Das gilt in erster Linie für Asylbewerber aus sicheren Herkunftsstaaten und solche, deren Asylantrag als offensichtlich unbegründet oder unzulässig abgelehnt wurde.

Der Bundesrat hat sich mit den Stimmen Sachsens für die Einbringung des Gesetzentwurfes beim Deutschen Bundestag ausgesprochen. Der Gesetzentwurf geht nun der Bundesregierung zu, die hierzu Stellung nimmt. Gemeinsam mit dieser Stellungnahme wird der Gesetzentwurf dem Deutschen Bundestag übermittelt. Dieser entscheidet dann, ob er den Gesetzentwurf aufnimmt. Feste Fristen gibt es hierfür nicht.

Der Bundesrat hat mit den Stimmen Sachsens eine Entschließung zur Sicherung des Wirtschaftsstandortes Deutschland und zur Unterstützung der Automobilindustrie durch ein Vorziehen der Revisionsklausel gefasst.

Mit 770.000 Arbeitsplätzen ist die Automobilindustrie ein zentraler Wirtschaftszweig in Deutschland. Die geplante Umstellung auf nachhaltige Antriebstechnologien wird als entscheidend angesehen, um zukünftige Wertschöpfung und Arbeitsplätze zu erhalten, ohne Marktverluste oder einen Arbeitsplatzabbau zu riskieren.

Der Bundesrat fordert Anpassungen der gesetzlichen Rahmenbedingungen sowohl auf nationaler als auch auf EU-Ebene, um die wirtschaftliche Realität und das Verbraucherverhalten zu berücksichtigen. Die Revisionsklausel zur Überprüfung des Verbots von Benzin- und Dieselautos ab 2035 soll vorverlegt werden, sodass eine rechtzeitige Anpassung gewährleistet werden könnte. Als neuer Zeitpunkt wird das Jahr 2025 als Zielmarke definiert.

Die Bundesregierung wird aufgefordert, gezielte Verhandlungen mit der EU zu führen und sich für eine Anpassung der CO2-Flottengrenzwerte für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge einzusetzen. Die geplante Reduzierung der CO2-Flottengrenzwerte ab 2025 wird kritisch betrachtet, da sie die Branche in einer schwierigen Transformationsphase belasten könnte. Die Bundesregierung soll auf europäischer Ebene darauf drängen, geplante Strafzahlungen auszusetzen, um die Automobilhersteller und Zulieferer zu unterstützen.

Der Bundesrat hat mit den Stimmen Sachsens eine Entschließung zum besseren Schutz von Opfern häuslicher Gewalt gefasst.

Mit dem von Hessen vorgelegten Entschließungsantrag fordert der Bundesrat die Bundesregierung auf zeitnah einen Gesetzesentwurf vorzulegen, der die elektronische Aufenthaltsüberwachung zum Beispiel durch elektronische Fußfesseln in den bestehenden Gewaltschutz integriert. Dieser Vorschlag ist angelehnt an das bisher erfolgreiche »spanische Modell«.

Der Bundesrat sieht mit Besorgnis die gestiegene Anzahl an Fällen häuslicher Gewalt in den letzten Jahren. Laut Lagebericht des Bundeskriminalamtes seien allein im Zeitraum 2023 über eine Viertelmillion Opfer häuslicher Gewalt zu verzeichnen gewesen, eine weitere Steigerung der Fälle um 6,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. In über 70 Prozent waren Frauen betroffen. Nach Angaben der polizeilichen Kriminalstatistik des Bundes sei im Fünfjahresvergleich zudem ein Anstieg von 11 Prozent bei den Tatverdächtigen im Zusammenhang mit Straftaten nach dem Gewaltschutzgesetz zu verzeichnen. Es bestehe daher dringender Handlungsbedarf im Hinblick auf die Möglichkeiten nach dem Gewaltschutzgesetz und der Polizeigesetze der Länder, die Opfern häuslicher Gewalt keinen hinreichenden Schutz böten. Kontaktsperren und Näherungsverbote seien nicht effektiv genug. Bei Tötungsdelikten im Partnerschaftskontext stellten die Ermittlungsbehörden immer wieder fest, dass im Vorfeld Annährungs- und/oder Kontaktverbote zwar bestanden, aber missachtet worden seien.

Als Konsequenz wurde die Forderung aufgestellt, die Möglichkeit zu schaffen, Näherungs- und Kontaktverbote nach dem Gewaltschutzgesetz elektronisch zu überwachen. Dies könne das Schutzniveau für Betroffene von Gewalt erhöhen. Andere europäische Staaten wie Spanien hätten damit gute Erfahrungen gemacht. Im Rahmen der Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister im Mai 2023 sowie der Ständigen Konferenz der Innenministerinnen und Innenminister im Juni 2024 wurden bereits entsprechende Beschlüsse gefasst.

Gefordert wird ferner, dass die Beantragung der elektronischen Überwachung für die Antragstellerseite möglichst kostenfrei sein sollte, insbesondere für Vollstreckungsmaßnahmen und dann, wenn die Antragsgegnerseite als Kostenschuldner wegen fehlender Solvenz nicht in Frage komme. Eine Regelung für eine besondere Eilbedürftigkeit sei zudem sinnvoll, die eine Vollstreckung von Amts wegen mit der Möglichkeit der Amtshilfe durch die Polizei vorsehen solle.
 
Zudem solle die elektronische Aufenthaltsüberwachung auch im Strafgesetzbuch als Maßregel der Besserung und Sicherung eingeführt werden. Denn eine entsprechende Verurteilung wegen einschlägiger Gewaltdelikte sei ein Indiz für die fortdauernde Gefährdung des Opfers.

Der Freistaat Sachsen war in den Ausschüssen des Bundesrates mit eigenen Anträgen zur Entschließung erfolgreich. So werden konkrete Vorschläge für die Reform des Gewaltschutzgesetzes an die Bundesregierung gerichtet. Die Bundesregierung soll diese prüfen, damit den Bedürfnissen der Betroffenen von häuslicher Gewalt in dem Verfahren der Anordnung der elektronischen Aufenthaltsüberwachung weitestgehend entsprochen wird. Zudem werden die Bemühungen der Bundesregierung für Opferbefragungen zu Gewalterfahrungen begrüßt und gefordert, die Erkenntnisse aus diesen Befragungen bei der Prüfung zu berücksichtigen, ob weiterer gesetzgeberischer Handlungsbedarf zum verbesserten Schutz vor Gewalt im Alltag besteht. Außerdem wird in der Maßgabe darauf verwiesen, dass es eines Austausches zwischen den beteiligten Institutionen, insbesondere der Familiengerichte, der Jugendämter, der Polizei und der Strafverfolgungsbehörden bedarf, um den Schutz von Opfern häuslicher Gewalt zu verbessern.

Der Bundesrat hat im ersten Durchgang zum Entwurf des Sportfördergesetzes Stellung genommen. Der Freistaat Sachsen hat die Stellungnahme [bis auf eine Ziffer] unterstützt.

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf der Bundesregierung soll die Spitzensportförderung des Bundes erstmalig auf eine spezialgesetzliche Grundlage gestellt werden. Wesentliche Ziele des Gesetzentwurfs sind die Verschlankung, Entbürokratisierung und Digitalisierung des bestehenden Fördersystems. So definiert das Gesetz erstmals leistungs- und gesellschaftsbezogene Ziele und Rahmenbedingungen der Sportförderung; Werte und Integrität werden als Fördervoraussetzungen verankert. Die Förderung soll potenzial- und erfolgsorientierter ausgerichtet werden.

Ebenfalls soll eine unabhängige Spitzensport-Agentur als Stiftung öffentlichen Rechts errichtet werden. Mit der Spitzensport-Agentur soll erstmals eine zentrale Stelle zur Förderung des Spitzensports in Deutschland »aus einer Hand« geschaffen werden. Ihre Entscheidungen sollen von unabhängiger sportfachlicher Expertise getragen sein und den Weg für einen erfolgreichen Spitzensport in Deutschland weisen.

Der Bundesrat erkennt in seiner Stellungnahme die Notwendigkeit einer Neuaufsetzung der Strukturen der Sportförderung an. Grund dafür ist, dass sich in den vergangenen Jahren die negative Entwicklung im Hinblick auf die Ergebnisse deutscher Athletinnen und Athleten bei den wichtigsten internationalen Wettkämpfen fortsetzt. Allerdings sieht der Bundesrat im Gesetzentwurf wesentliche Aspekte nicht oder nicht hinreichend berücksichtigt. Deshalb fordert er die Bundesregierung auf, den Gesetzentwurf zu überarbeiten und dabei eine Definition von Spitzensport in das Gesetz aufzunehmen, die die Finanzierungszuständigkeit des Bundes einschließlich der Nachwuchskader 2 festschreibt. Um einer weiteren Abwanderung von Spitzensportpersonal vorzubeugen, soll bei der Finanzierung von Spitzensportpersonal auf das Besserstellungsverbot verzichtet werden, das eine Orientierung der Gehälter am Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes (TVöD) festschreibt. Darüber hinaus soll der Bund bei der Ausgestaltung der Spitzensport-Agentur auf einen Ausgleich von sportfachlicher und politischer Kontrolle achten. In der angestrebten Ausgestaltung des Gesetzentwurfes sieht der Bundesrat die Gefahr einer faktischen Blockademöglichkeit durch das Bundesministerium des Innern und für Heimat. Weiterhin soll der Bund seiner Verantwortung im Bereich der Investitionen in die
Spitzensportinfrastruktur nachkommen und nach dem Verursacherprinzip eine Bundesförderung von mindestens 50 Prozent festschreiben.

Der Freistaat Sachsen hat die Stellungnahme, die auf einer Beschlussfassung der Sportministerkonferenz beruht, unterstützt.

Dem Entwurf des Sportfördergesetzes ging ein etwa zwei Jahre andauernder Prozess in der Abstimmung mit den Spitzenverbänden voraus. Wegen massiver Kritik aus den Verbänden wurde die Kabinettsbefassung zum Gesetz immer wieder verschoben. Um das Gesetz noch in dieser Legislaturperiode verabschieden zu können, haben die verbliebenen Regierungsfraktionen den Gesetzentwurf am 6. Dezember 2024 als Fraktionsinitiative in den deutschen Bundestag eingebracht. Hier haben sie jedoch keine eigene Mehrheit. Für eine Verabschiedung des Gesetzes würden sie deshalb die Unterstützung anderer Fraktionen benötigen. Hierfür gibt es derzeit keine Anzeichen. So ist es sehr wahrscheinlich, dass das Gesetz unter die sogenannte Diskontinuität fallen wird.

Der Bundesrat hat im 1. Durchgang zum Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung wehrersatzrechtlicher Vorschriften und zur Einführung eines neuen Wehrdienstes Stellung genommen. Der Freistaat Sachsen hat die Stellungnahme umfänglich unterstützt.

Der Gesetzentwurf verfolgt angesichts der massiven Verschärfung der Bedrohungslage in Europa infolge des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine im Wesentlichen zwei Ziele zur konsequenten Ausrichtung der Bundeswehr auf die Landes- und Bündnisverteidigung: Zum einen soll ein verbessertes Lagebild über Eignung und Bereitschaft für den Dienst in den Streitkräften entstehen und zum anderen soll der Umfang der zur Verfügung stehenden Reservistinnen und Reservisten erhöht werden. Der Gesetzentwurf sieht daher vor, die Vorschriften für den Wehrersatz zu modernisieren. Zudem soll ein neuer freiwilliger Basiswehrdienst von 6 bis 23 Monaten eingeführt werden, der den bisherigen freiwilligen Wehrdienst ersetzt.

Vorgesehen ist, dass nur diejenigen Wehrpflichtigen erfasst werden, die nach dem 31. Dezember 2006 geboren wurden und somit ab dem 1. Januar 2025 das 18. Lebensjahr vollendet haben. Damit wird die im Wehrpflichtgesetz verankerte Datenerfassung reaktiviert. Beginnend mit dem Geburtsjahrgang 2007 sollen in den nächsten Jahren sukzessiv weitere Geburtsjahrgänge einbezogen und einer Verpflichtung zur Abgabe einer Bereitschaftserklärung unterworfen werden. Damit soll gewährleistet werden, dass sich das aktuelle Lagebild im Laufe der Zeit auf eine immer größere Anzahl von Wehrpflichtigen erstreckt.

Innerhalb der Wehrerfassung soll eine verpflichtende Befragung der 18-jährigen Männer über Bereitschaft und Fähigkeit zur Wehrdienstleistung sowie zu ihren Bildungsabschlüssen und sonstigen Qualifikationen erfolgen. Darüber hinaus können Frauen und andere Geschlechter freiwillig am Online-Fragebogen teilnehmen und ihre Bereitschaft für den Dienst in der Bundeswehr signalisieren. Mit dem neuen Basiswehrdienst soll allen Personen unabhängig vom Geschlecht wie bisher die Möglichkeit eröffnet werden, freiwillig Wehrdienst zu leisten. Alle anderen bisherigen Dienstverhältnisse als Soldatin oder Soldat auf Zeit und als Berufssoldatin oder Berufssoldat bleiben unverändert bestehen.

Mit der Stellungnahme fordert der Bundesrat die Bundesregierung auf, bei allen Überlegungen zur Modernisierung wehrersatzrechtlicher Vorschriften und zur Einführung eines neuen Wehrdienstes auch die Belange des Zivilschutzes hinreichend zu berücksichtigen. Aus Sicht des Bundesrates sollten deshalb auch die Feuerwehren, das Technische Hilfswerk und die Hilfsorganisationen in personeller Hinsicht hiervon profitieren können, was mit dem Gesetzentwurf nicht gewährleistet ist.

Die Stellungnahme des Bundesrates wird der Bundesregierung zugeleitet, die hierzu die Möglichkeit zur Gegenäußerung hat. Mit dieser Gegenäußerung wird die Stellungnahme dem Deutschen Bundestag für das weitere parlamentarische Verfahren zugeleitet. Aufgrund der fehlenden Mehrheit der verbliebenen Regierungskoalitionen im Bundestag ist davon auszugehen, dass der Gesetzentwurf der Diskontinuität unterfällt.

Der Bundesrat hat der Verordnung zur Neuordnung des Ladesäulenrechts mit den Stimmen Sachsens zugestimmt.

Die Verordnung zur Neuordnung des Ladesäulenrechts dient der Anpassung der bestehenden Regelungen an die Vorgaben der entsprechenden EU-Verordnung. Ziel dieser EU-Verordnung ist es, den Aufbau einer einheitlichen und leistungsfähigen Ladeinfrastruktur für alternative Kraftstoffe zu fördern und somit einen Beitrag zur Erreichung der Klimaziele der EU zu leisten. Die nationale Verordnung zur Neuordnung des Ladesäulenrechts legt technische Mindestanforderungen an öffentlich zugängliche Ladepunkte fest, um deren Sicherheit und Interoperabilität zu gewährleisten. Ein zentrales Element ist die Verbesserung der Preistransparenz, damit Nutzer die Kosten für das punktuelle und vertragliche Laden einfach vergleichen können. Außerdem wird die Bundesnetzagentur mit der Überwachung der Einhaltung der technischen Anforderungen sowie der Preisangabenpflicht beauftragt und erhält Befugnisse zur Sanktionierung von Verstößen.

Der Bundesrat hat sich mit der Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Änderung der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung befasst. Ziel der Verwaltungsvorschrift ist es, die Erlaubnisverfahren sowie die Durchführung von Großraum- und Schwerlasttransporten zu vereinfachen. Zugleich ist sicherzustellen, dass Infrastruktur, Straßenverkehr sowie die Verwaltungskapazität von Bund und Ländern nicht überlastet werden.

Großraum- und Schwertransporte (GST) sind in zahlreichen Wirtschaftsbereichen, wie etwa der Bau- und Energiebranche, aber auch für Militärtransporte unerlässlich. In den vergangenen Jahren ist der Bedarf an Großraum- und Schwertransporten signifikant angestiegen. Da die Fahrtwege sich typischerweise über mehrere Bundesländer und Zuständigkeitsbereiche vieler betroffener Behörden erstrecken, erreichen die Genehmigungsprozesse für GST schnell eine erhebliche Komplexität. Die Verfahren werden trotz weitgehender Digitalisierung von den Unternehmen als zu bürokratisch und die Bearbeitungszeit der Anträge als zu lang empfunden. Die Verfahren bedürfen daher einer weiteren Optimierung.

Folgende Erleichterungen sind deshalb vorgesehen:

  • Ermöglichung der Mitnahme teilbarer Ladung bis 40 t bei GST-Leerfahrten,
  • Einführung eines Richtwerts für die Dauer der Antragsbearbeitung durch die Behörden,
  • Flexibilisierung der Toleranzen für die Unterschreitung von genehmigten Maßen und Gewichten der Ladung,
  • Streichung der Anhörung der Autobahn GmbH des Bundes bei Unterfahrung von Kreuzungsbauwerken,
  • Priorisierung des Transportes von Großtransformatoren und (nur im Reparaturfall) von Kabelrollen,
  • Vorverlegung des grundsätzlichen Beginns der Nachtfahrt auf 20 Uhr,
  • Steigerung der Verbindlichkeit der Richtlinien für Großraum- und Schwertransporte (RGST) durch Verweis in der VwV-StVO und
  • Lockerung der Sprachauflage bei anhörpflichtigen GST (Zulassung von Englisch neben Deutsch)

Sachsen hat die Änderungsmaßgaben unterstützt und der Änderung der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung zugestimmt.

Der Bundesrat hat das Filmförderungsgesetz (FFG) mit der Unterstützung Sachsens passieren lassen.

Die Förderung deutscher Filme durch die Filmförderungsanstalt (FFA) wird durch die Filmabgabe finanziert, deren Erhebung jedoch am 31. Dezember 2024 geendet wäre. Auf Grundlage des Filmförderungsgesetzes (FFG) müssen Unternehmen, die Kinofilme verwerten, einen gesetzlich festgelegten Anteil ihrer Erlöse an die FFA entrichten. Diese sogenannte »Filmabgabe« finanziert sämtliche Fördermaßnahmen der FFA und ist von Kinos, der Videowirtschaft, den Fernsehveranstaltern sowie den Programmvermarktern zu leisten. Da die Förderung der FFA weiterhin unverzichtbar ist, um die Leistungsfähigkeit der deutschen Filmwirtschaft zu erhalten, wird durch das Gesetz die Erhebung der Filmabgabe um weitere fünf Jahre fortgesetzt.

Die Bundesregierung hatte deshalb eine Novelle des Filmförderungsgesetzes (FFG) vorgelegt, die neben der Fortsetzung der Filmabgabe eine Modernisierung, Verschlankung und Anpassung des FFG vorsieht. So soll u. a. die Förderung stark automatisiert und vereinfacht und die Selbstverwaltungsautonomie der FFA durch Stärkung ihrer untergesetzlichen Regelungsbefugnisse erhöht werden. Der Bundesrat hatte im 1. Durchgang den Gesetzentwurf grundsätzlich begrüßt, aber auch Nachbesserungsbedarf benannt. Im Bundestag wurde der Gesetzentwurf in einigen Punkten geändert und Kritikpunkte aus der Filmbranche und den TV-Anstalten wurden aufgegriffen.

Der Kulturausschuss des Bundestages hatte den Gesetzentwurf bereits in seiner Sitzung am 6. November 2024 in einer geänderten Fassung gebilligt. Doch nach dem Scheitern der Regierungskoalition waren erneut Änderungen notwendig geworden, um eine Mehrheit im Bundestag sicherzustellen. Deshalb überwies das Plenum den Gesetzentwurf am 18. Dezember 2024 in der zweiten Lesung zur erneuten Befassung in den Kulturausschuss zurück. Hier wurde durch einen Antrag der ursprünglichen Ampelparteien die Schaffung eines Diversitätsbeirates bei der FFG gestrichen.

Der damit erneut geänderte Entwurf wurde am 19. Dezember 2024 vom Plenum in dritter Lesung beraten und beschlossen.

Nicht umgesetzt hat die bisherige Regierungskoalition die angekündigte große Reform der Filmförderung, die als weitere Säulen die Einführung eines Steueranreizmodells für Film- und Serienproduktionen sowie eine Investitionsverpflichtung für Streamer und Fernsehveranstalter vorsieht. Auch der Bundesrat hatte in seiner Stellungnahme aus dem 1. Durchgang auf eine umfassende Reform mit Wirkung zum 1. Januar 2025 gedrängt und darauf hingewiesen, dass eine enge Abstimmung mit den Ländern dabei unerlässlich sei.

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