20.05.2022

1021. Bundesratssitzung vom 20. Mai 2022

Eine Frau spricht im Bundesrat
© Jens Oellermann

Wichtigste Themen: EEG-Umlage + „Energie- und Klimafonds“ + BAföG + Ausbau Erneuerbare (Osterpaket) + Steuerentlastungen + Sofortzuschlag Leistungsbezieher + Energiepreispauschale + Gasversorgung + Regionalisierungsmittel („9 Euro Ticket“) + Autonomes Fahren

Zur vollständigen Tagesordnung einschließlich aller Drucksachen, Beschlüsse usw. dieser Bundesratsplenarsitzung:

Hier finden Sie das Abstimmungsverhalten des Freistaates Sachsen und die Abstimmungsergebnisse aus der 1020. Sitzung des Bundesrates.

Zum Entwurf eines Gesetztes zur Aufhebung des Verbots der Werbung für Schwangerschaftsabbrüche (§ 219a StGB) hat der Bundesrat im ersten Durchgang keine Einwendungen erhoben.

Mit dem Gesetzentwurf beabsichtigt die Bundesregierung, künftig Ärztinnen und Ärzten zu ermöglichen, öffentlich darüber zu informieren, dass sie Abtreibungen vornehmen und mit welcher Methode sie diese durchführen. Bisher verbietet Paragraf 219a Strafgesetzbuch eine solche Werbung für Schwangerschaftsabbrüche, was auch ausführliche Informationen z.B. auf der Webseite von Arztpraxen umfasst. Dennoch soll mit dem Gesetzentwurf auch weiterhin sichergestellt werden, dass irreführende oder abstoßende Werbung für Schwangerschaftsabbrüche verboten bleibt. Dadurch soll sich der Informationszugang für Frauen, die eine Abtreibung vornehmen lassen wollen, verbessern. Der grundrechtlich gebotene Schutz des ungeborenen Lebens bleibe nach Auffassung der Bundesregierung mit diesem Gesetzentwurf erhalten.

Ferner sollen strafgerichtliche Urteile wegen Werbung für den Schwangerschaftsabbruch, die nach dem 3. Oktober 1990 ergangen sind, aufgehoben und die Verfahren eingestellt werden, sodass verurteilte Ärztinnen und Ärzte von dem ihnen anhaftenden Strafmakel befreit werden.

Der Bundesrat hat keine Stellungnahme zu dem Gesetzentwurf abgegeben. Zu dem Votum »Keine Einwendungen« hat sich der Freistaat Sachsen koalitionsbedingt enthalten.

Der Bundesrat hat zum Entwurf eines Gesetzes zu Sofortmaßnahmen für einen beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien und weiteren Maßnahmen im Stromsektor umfangreich Stellung genommen. Der Freistaat Sachsen hat Teile der Stellungnahme unterstützt.

Der Gesetzentwurf ist Teil des sogenannten »Osterpakets« der Bundesregierung und soll das gesamte Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) grundlegend überarbeiten. Wesentliches Ziel ist es, den Ausbau der erneuerbaren Energien gegenüber den bisherigen Ausbauzielen deutlich zu beschleunigen. Dazu wird das Ausbauziel für Erneuerbare Energien für das Jahr 2030 auf mindestens 80 Prozent des deutschen Bruttostromverbrauchs angehoben. Im Jahr 2030 sollen insgesamt rund 600 TWh Strom aus erneuerbaren Energien bereitgestellt werden. Bis zum Jahr 2035 soll der Storm in Deutschland dann nahezu vollständig aus erneuerbaren Energien stammen.

Der beschleunigte Ausbau der erneuerbaren Energien soll insbesondere in den Bereichen Windenergie und Solaranlagen stattfinden. Dazu sollen Beteiligungsmöglichkeiten der Kommunen bei Wind an Land sowie Photovoltaik im Interesse der Akteursvielfalt, der verbesserten Akzeptanz vor Ort ausgeweitet, windschwache Standorte verstärkt erschlossen und die Rahmenbedingungen für den Ausbau, insbesondere durch verschlankte Planungs- und Genehmigungsverfahren verbessert werden. Auch sollen neue Flächen für den Ausbau von Photovoltaik bereitgestellt werden. Neben den bisherigen Flächenkategorien innovative Segmente der Photovoltaik wie Agri-Photovoltaik, Floating-Photovoltaik und Moor-Photovoltaik im EEG neu hinzukommen.

Die Förderung der Biomasse wird stärker auf hochflexible Spitzenlastkraftwerke fokussiert, damit die Bioenergie ihre Stärke als speicherbarer Energieträger zunehmend systemdienlich ausspielen wird. Die Ausschreibungsmengen für Biomasse werden stufenweise reduziert und die für Biomethan ab dem Jahr 2023 auf 600 MW pro Jahr erhöht.

Zur Beschleunigung des Ausbaus in allen Rechtsbereichen wird im EEG der Grundsatz verankert, dass die Nutzung erneuerbarer Energien künftig im überragenden öffentlichen Interesse liegt und der öffentlichen Sicherheit dient. Damit werden die Abwägungsentscheidungen im Sinne dieses Abwägungsvorrangs stärker zu Gunsten des Ausbaus erneuerbarer Energien verändert.

Der Finanzierungsbedarf für die erneuerbaren Energien soll über das vorgesehene Sondervermögen »Energie- und Klimafonds« gedeckt und die EEG-Umlage zugleich ab dem 1. Juli 2022 auf null Cent je kWh abgesenkt werden. Hierdurch werden die Stromverbraucher entlastet. Der Freistaat Sachsen hat sich im Bundesratsverfahren erfolgreich mit mehreren Anträgen für eine naturverträgliche Flächenkulisse der Photovoltaikanlagen (Freiflächen-PV und Floating-PV) und zur Verbesserung der Stellung der Bürgerenergiegesellschaften im EEG sowie für einen verstärkten und niedrigschwelligen Ausbau erneuerbarer Energien in Bergbaufolgeflächen eingesetzt.

Der Bundesrat hat das Gesetz zur Absenkung der Kostenbelastungen durch die EEG-Umlage und zur Weitergabe dieser Absenkung an die Letztverbraucher passieren lassen und auf die Anrufung eines Vermittlungsausschusses verzichtet. Der Freistaat Sachsen hat dieses Votum unterstützt.

Die Energiepreise auf den Großhandelsmärkten sind infolge des russischen Angriffskrieges und der damit verbundenen Unsicherheiten an den Energiemärkten stark gestiegen. Viele Unternehmen sowie Verbraucherinnen und Verbraucher sehen sich daher auch hohen Strompreisen ausgesetzt. Neben den Kosten für die Beschaffung und den Vertrieb fließen in die Stromkosten der Letztverbraucher auch staatlich veranlasste Kostenbestandteile ein wie beispielsweise die EEG-Umlage. Auch zur Minderung von CO2-Emissionen und zur Erhöhung der Energieeffizienz soll vermehrt Strom aus erneuerbaren Energien zum Einsatz kommen und fossile Kraftstoffe ersetzen. Niedrigere Stromkosten können diesen notwendigen Umstellungsprozess befördern.

Vor diesem Hintergrund haben sich die Koalitionsfraktionen darauf verständigt, eine spürbare Entlastung bei den Stromkosten zu erreichen. Hierzu soll mit dem Gesetz die Finanzierung der Kosten für Förderungen nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) über den Strompreis noch schneller als bisher geplant auslaufen, indem die EEG-Umlage bereits zum 1. Juli 2022 auf null Cent je kWh abgesenkt wird. Die Maßnahme entlastet sowohl Strom beziehende Unternehmen, soweit sie nicht unter die Besondere Ausgleichsregelung fallen und daher derzeit die volle EEG-Umlage zahlen, als auch allen Verbraucherinnen und Verbrauchern. Um sicherzustellen, dass diese Entlastung auch tatsächlich ab dem 1. Juli 2022 an die Verbraucherinnen und Verbraucher weitergegeben wird, ist eine gesetzliche Absicherung der Weitergabe dieser Kostenentlastung durch die Stromanbieter an die Endverbraucher unverzichtbar. Ab Januar 2023 soll die EEG-Umlage dann auf Dauer entfallen.

Der Bundesrat hat das Energiesteuersenkungsgesetz mit den Stimmen Sachsens passieren lassen.

Das Gesetz, das auf eine Initiative der Koalitionsfraktionen im Deutschen Bundestag zurückgeht, sieht die auf drei Monate befristete Senkung der Energiesteuer auf Kraftstoffe ab dem 1. Juni 2022 vor. Konkret sollen die Energiesteuersätze für die im Wesentlichen im Straßenverkehr verwendeten Kraftstoffe auf die Höhe der europäischen Mindeststeuersätze gemäß der Energiesteuerrichtlinie abgesenkt werden. Dies ergibt eine Steuerentlastung für Diesel von bis zu 14,04 Cent pro Liter, für Benzin reduziert sich der Energiesteuersatz nach Berechnungen des Bundesfinanzministeriums um 29,55 Cent pro Liter.

Mit dem Gesetz verbunden ist eine Verpflichtung, diese Steuerabsenkung an die Verbraucherinnen und Verbraucher weiterzugeben. Die Energiesteuer als indirekte Steuer (Verbrauchssteuer) ist so konzipiert, dass sie von den Steuerpflichtigen stets auf die Verbraucherinnen und Verbraucher abgewälzt wird. Das Gesetz ist Teil eines umfassenden Entlastungspaketes im Energiebereich für Bürgerinnen und Bürger sowie die Wirtschaft.

Der Bundesrat hat dem Siebten Gesetzes zur Änderung des Regionalisierungsgesetzes zugestimmt und damit den Weg für das sogenannte »9-Euro-Ticket« für den ÖPNV freigemacht. Der Freistaat Sachsen hat sich zum dem Gesetz enthalten.

Zur Entlastung der Pendler angesichts der steigenden Lebenshaltungs- und Energiekosten hatte die Bundesregierung ein vergünstigtes ÖPNV-Ticket für 90 Tage für 9 Euro pro Monat am dem 1. Juni 2022 auf den Weg gebracht. Von Juni bis Ende August dieses Jahrs sollen Fahrgäste im Nah- und Regionalverkehr deutschlandweit für 9 Euro pro Monat fahren können. Auch Inhaber von Zeitfahrkarten und Semestertickets werden berücksichtigt.

Mit dem Gesetz werden die Regionalisierungsmittel im Jahr 2022 um insgesamt 3,7 Mrd. Euro erhöht. Davon sind 2,5 Mrd. Euro für die Umsetzung des 9-Euro-Tickets vorgesehen. Die übrigen 1,2 Mrd. Euro erhalten die Länder zum Ausgleich der pandemiebedingten Einnahmeausfälle im ÖPNV.

Der Bundesrat hat ferner eine begleitende Entschließung verabschiedet, in der die Länder kritisierten, dass die vom Bund zur Verfügung gestellten Mittel zur Kompensation der Aufwendungen für das 9-Euro-Ticket nicht ausreichen. Auch bei den Ausgleichszahlungen fordern die Länder mehr Geld vom Bund, damit dieser seiner Zusage nach hälftiger Beteiligung nachkommen kann.

Der Bundesrat hat zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Energiewirtschaftsrechts im Zusammenhang mit dem Klimaschutz-Sofortprogramm und zu Anpassungen im Recht der Endkundenbelieferung umfangreich Stellung genommen und von der Bundesregierung Nachbesserungen im Rahmen des angedachten »Sommerpakets« gefordert. Der Freistaat Sachsen hat Teile der Stellungnahme unterstützt.

Um das Ziel der Klimaneutralität bis zum Jahr 2045 zu erreichen ist neben dem Ausbau der Erneuerbaren Energien auch der beschleunigte und bedarfsgerechte Ausbau der Stromnetze von entscheidender Bedeutung. Durch die Transformation im Energiebereich ist es notwendig, Strom zunehmend über weitere Strecken zu transportieren. Insbesondere der im Norden Deutschlands erzeugte Strom aus Windenergieanlagen muss zu Verbrauchsschwerpunkten im Süden und Westen Deutschlands geleitet werden. Mit dem Gesetzentwurf sollen bisherige Engpässe in der Stromversorgung innerhalb des Netzes beseitigt werden. Darüber hinaus sollen die technischen Voraussetzungen für den zunehmenden grenzüberschreitenden Stromhandel geschaffen werden. Daraus resultiert ein Netzausbaubedarf insbesondere in der Höchstspannungsebene.

Darüber hinaus sollen Anpassungen im Bundesbedarfsplangesetz, Energiewirtschaftsgesetz und Netzausbaubeschleunigungsgesetz Übertragungsnetz vorgenommen werden, um eine zügige Durchführung der Planungs- und Genehmigungsverfahren zu fördern. Außerdem soll der bisherige Bundesbedarfsplan gemäß dem von der Bundesnetzagentur am 14. Januar 2022 vorgelegten Netzentwicklungsplan Strom (NEP) für den Zeitraum von 2021 bis 2035 aktualisiert werden. Dadurch sollen 19 neue Netzausbauvorhaben aufgenommen, 17 Netzausbauvorhaben geändert sowie ein Vorhaben gestrichen werden.

Weiterhin soll mit dem vorliegenden Gesetzentwurf rechtliche Klarheit bezüglich gespaltener Preise bei den Grundversorgungspreisen für Alt- und Neukunden erreicht werden, um grundsätzlich einer erneuten Situation vorzubeugen, in der wie in den vergangenen Wochen zahlreiche Stromkunden sehr kurzfristig mit der Einstellung ihrer Belieferung durch ihren im Wettbewerb tätigen Energielieferanten konfrontiert werden. Auch intensiviert der Gesetzentwurf die kartellbehördliche Beobachtung der Raffinerien und des Großhandels, damit Endverbraucherinnen und Endverbraucher auch von Preissenkungen profitieren und dass marktmächtige Unternehmen ihre Stellung nicht missbrauchen.

Der Bundesrat hat in seiner heutigen Sitzung zum »Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Errichtung eines Sondervermögens ‚Energie- und Klimafonds‘« Stellung genommen.

Das Gesetz sieht eine Umbenennung des „Energie- und Klimafonds“ (EKF) in »Klima- und Transformationsfonds« (KTF) vor. Der Fonds entstand im Rahmen des Nachtragshaushaltes 2021 durch die Übertragung nicht verbrauchter Kreditermächtigungen. Die Zweckbindung wurde über die Bekämpfung der Folgen der Corona-Pandemie hinaus ausgeweitet. Das Gesetz umfasst einen Maßnahmenkatalog mit mehreren konkrete Zwecken wie die Besteigung der Pandemiefolgen, aber auch Investitionen in den Bereichen Energieeffizienz, CO2-neutrale Mobilität und Energieversorgungen sowie Abschaffung der EEG-Umlage.

In seiner Stellungnahme fordert der Bundesrat, auch Länder und Kommunen aus dem zukünftigen »Klima- und Transformationsfonds« (KTF) gezielt finanziell zu unterstützen, wenn deren Klimaschutzprogramme einen Beitrag zum Erreichen der Klimaschutzziele des Bundes leisten. Der Freistaat Sachsen hat sich koalitionsbedingt zu der Stellungnahme enthalten.

Mehrere Länder gaben außerdem ihre verfassungsrechtlichen Bedenken gegen den Gesetzentwurf zu Protokoll, da sie darin eine Gestaltung sehen, die auf die Aufweichung und Aushöhlung der Schuldenbremse abzielt.

Der Bundesrat hat zum Verordnungsvorschlag der Europäischen Union Stellung genommen. Der Freistaat Sachsen hat diese Stellungnahme unterstützt.

Die EU-Kommission will mit dem Verordnungsvorschlag Probleme auf dem Gasmarkt angehen und die Versorgung mit Gas für den nächsten Winter bei angemessenen Preisen gewährleisten. Durch den Legislativvorschlag sollen die Mitgliedstaaten verpflichtet werden, dafür zu sorgen, dass ihre unterirdischen Gasspeicher bis zum 1. November 2022 zu mindestens 80 Prozent und in den folgenden Jahren zu 90 Prozent der Kapazität gefüllt sein werden. Dabei werden für Februar bis Oktober Zwischenziele angegeben. Die Betreiber von Speicherstätten sollten den nationalen Behörden die Füllstände melden. Die Mitgliedstaaten sollten die Füllstände monatlich kontrollieren und der Kommission Bericht erstatten.

Gasspeicher sind für die Gewährleistung der Versorgungssicherheit von entscheidender Bedeutung. Durch eine neue obligatorische Zertifizierung aller Speicherbetreiber werden potenzielle Risiken durch äußere Einflussnahme auf kritische Speicherinfrastruktur vermieden. Außerdem darf der Betrieb einer Gasspeicheranlage nur mit Genehmigung der nationalen Regulierungsbehörde eingestellt werden. Als Anreiz für die Wiederbefüllung der Gasspeicher in der EU schlägt die Kommission einen Preisnachlass von 100 Prozent auf kapazitätsbasierte Fernleitungsentgelte am Ein- und Ausspeisepunkt von Speicheranlagen vor.

Die Länder bitten in ihrer Stellungnahme unter anderem um die Überprüfung der Passfähigkeit des Verordnungsvorschlages zur speziellen Situation des deutschen Gasmarktes. So wird unter anderem darauf hingewiesen, dass Deutschland ein hohes Speichervolumen hat und es eine faire Lastenverteilung zwischen allen Mitgliedsstaaten gebe müsse.

Der Bundesrat hat dem Sofortzuschlags- und Einmalzahlungsgesetz in seiner heutigen Sitzung mit den Stimmen Sachsens zugestimmt.

Das Gesetz ist Teil des Osterpaketes der Bundesregierung, das zahlreiche Entlastungen angesichts der Preissteigerungen, insbesondere für Energie, umfasst. Mittels einer Einmalzahlung und einem Sofortzuschlag für Kinder soll hier eine weitere finanzielle Unterstützung einkommensschwacher Familien vorgenommen werden. Vorgesehen ist eine Einmalzahlung in Höhe von 200 Euro für Leistungsberechtigte in den sozialen Sicherungssystemen im Monat Juli 2022 sowie – dann monatlich – einen Sofortzuschlag zum Regelsatz für leistungsberechtigte Kinder ab 1. Juli 2022 in Höhe von 20 Euro. Eine Einmalzahlung in Höhe von 100 Euro sollen Personen erhalten, die im Juli Anspruch auf Arbeitslosengeld aus der Arbeitslosenversicherung haben.

Zudem wird mit dem Gesetz eine Vereinbarung der Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Länder mit dem Bundeskanzler vom 7. April 2022 umgesetzt: Aus der Ukraine geflüchtete Menschen erhalten bereits zum 1. Juni 2022 einen Anspruch auf Leistungen nach den Sozialgesetzbüchern II oder XII. Sie haben auf Grund europäischer Vereinbarungen bereits grundsätzlich einen Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis. Durch die geplanten Neuregelungen werden sie nun auch leistungsrechtlich bessergestellt, indem sie vom Asylbewerberleistungsgesetz bei Hilfebedürftigkeit zügig in den Rechtskreis der Sozialgesetzbücher wechseln. Für die geflüchteten Ukrainer bedeutet das Unterstützung aus einer Hand und damit mehr Möglichkeiten, um nach der Flucht vor dem Krieg in ihrer Heimat auch auf dem Arbeitsmarkt schneller integriert werden zu können. Der Bund unterstützt die Länder und Kommunen außerdem bei den Kosten für die Unterbringung und Versorgung der Ukraine-Flüchtlinge mit zwei Milliarden Euro durch Änderungen beim Umsatzsteueranteil der Länder. Der Bundesrat hat das Gesetz fristverkürzt beraten, damit die Änderungen bereits ab dem 1. Juni in Kraft treten können.

Die Länder erinnern die Bundesregierung in einer begleitenden Entschließung u.a. an die Zusage zur Verstetigung der Beteiligung des Bundes an den unabhängig vom Krieg in der Ukraine entstehenden flüchtlingsbezogenen Kosten sowie den Aufwendungen der Länder und Kommunen für die Unterkunft und die Integration. Sachsen hat diese Entschließung unterstützt.

Der Bundesrat hat in seiner heutigen Sitzung dem Steuerentlastungsgesetz 2022 zugestimmt. Die Vorlage geht auf eine Initiative der Fraktionen der Ampelkoalition im Deutschen Bundestag zurück und wurde vom Bundesrat in einem sogenannten »unechten« 2. Durchgang beraten. Der Freistaat Sachsen hat sich zum Gesetz enthalten.

Das Steuerentlastungsgesetz 2022 ist Teil des vom Koalitionsausschuss im Februar beschlossenen Entlastungspaketes und sieht vor dem Hintergrund der Preissteigerungen, vor allem im Energiebereich, eine Entlastung der Bürgerinnen und Bürger in diesem Jahr in Höhe von rund 4,46 Milliarden Euro vor. Bis zum Jahr 2026 soll sich die Entlastung auf rund 22,5 Milliarden Euro summieren. So ist vorgesehen, den Grundfreibetrag bei der Einkommensteuer von derzeit 9.984 Euro um 363 Euro auf 10.347 Euro anzuheben. Die Änderung soll rückwirkend zum 1. Januar 2022 in Kraft treten. Außerdem wird die bereits für die Jahre 2024 bis 2026 festgelegte Erhöhung der Entfernungspauschale ab dem 21. Entfernungskilometer um drei Cent auf 0,38 Euro je vollen Entfernungskilometer auf die Jahre 2022 und 2023 ausgedehnt. Die damit verbundene Entlastung werde somit vorgezogen. Ebenfalls rückwirkend zum 1. Januar 2022 erhöht wird der Arbeitnehmerpauschbetrag für Werbungskosten, der bisher 1.000 Euro betragen hat jetzt auf 1.200 Euro angehoben.

Weiterhin wurde im Rahmen der 2./3. Lesung im Deutschen Bundestag die Zahlung einer Energiepreispauschale von 300 Euro und eines Kinderbonus von 100 Euro in den Entwurf eingefügt. Die Energiepreispauschale soll einmalig ab dem 1. September 2022 an Steuerpflichtige gezahlt werden. Arbeitnehmer erhalten die Pauschale über den Arbeitslohn.

In einer Entschließung fordern die Länder vom Bund, dass er alle finanziellen Belastungen der Länder und Kommunen, die sich aus diesem Gesetz ergeben, ausgleicht. Der Freistaat Sachsen hat diese Entschließung unterstützt.

Der Bundesrat hat dem Gesetz zur Änderung des Energiesicherungsgesetzes 1975 und anderer energiewirtschaftlicher Vorschriften in einem sogenannten »unechten« 2. Durchgang mit den Stimmen Sachsens zugestimmt und begleitende Entschließungen gefasst.

Zur Gewährleistung der Energieversorgungssicherheit in Deutschland soll durch die Novelle die Krisenvorsorge als auch der zur Verfügung stehende Instrumentenkasten der Krisenbewältigung verbessert werden. Konkret ist mit dem Gesetzesvorhaben die Umsetzung der SoS-Verordnung der Europäischen Union vorgesehen, um bei einem Solidaritätsersuchen Deutschlands über europäische Solidarität, durch die Staaten der Europäischen Union als auch von Nicht-EU-Staaten, schnell handlungsfähig zu sein. Weiterhin wird die Möglichkeit einer Treuhandverwaltung von Unternehmen der kritischen Infrastruktur im Energiesektor und als letztes Mittel auch eine Enteignung solcher Unternehmen der kritischen Infrastruktur vorgesehen. Die Möglichkeit einer Enteignung durch den Bund ist jedoch mit der Perspektive einer Reprivatisierung verbunden, wenn die eingetretene Krisensituation auf dem jeweiligen Energiemarkt nach dem Gesetz bewältigt worden ist.

Außerdem sieht das novellierte Energiesicherungsgesetz die Schaffung einer digitalen Plattform für Erdgas vor. Dort sollen große Industriebetriebe und Gashändler verschiedene Daten zu ihrem Gasbezug und Gasverbrauch hinterlegen. Ziel dieser digitalen Plattform ist es, dass im Falle einer Gasmangellage zügig Maßnahmen zur Energiereduktion oder gar zur Abschaltung von einzelnen Unternehmen ermöglicht werden können.

Der Freistaat Sachsen schloss sich im Rahmen des Bundesratsverfahrens weitgehend einer Entschließung des Landes Nordrhein-Westfalen an, in welcher die Gesetzesnovelle vor dem Hintergrund der aktuellen versorgungssicherheitlichen Aufgaben und insbesondere im Hinblick auf einen möglichen Gas-Lieferstopp seitens Russland grundsätzlich begrüßt wird, jedoch weitere Anpassungs- und Präzisierungsbedarfe am Gesetz hinsichtlich einer angemessenen Balance zwischen Marktmechanismen und hoheitlichen Eingriffen geltend gemacht werden. Diese sollten nach Auffassung des Bundesrates in einem weiteren Novellierungsschritt zeitnah umgesetzt werden.

Der Bundesrat hat mit den Stimmen Sachsens zum Entwurf des 27. Gesetzes zur Änderung des Berufsausbildungsgesetzes (BAföG) Stellung genommen.

Mit dem Gesetz soll das BAföG bedarfsgerecht an aktuelle Entwicklungen angepasst werden, um förderungsbedürftige Auszubildende besser zu erreichen. So sollen die Freibeträge um rund 20 Prozent, die Bedarfssätze und der Kinderbetreuungszuschlag um rund 5 Prozent sowie der Wohnzuschlag für auswärts Wohnende auf 360 Euro angehoben werden. Die Altersgrenze wird erheblich heraufgesetzt auf nunmehr 45 Jahre. Zur Erleichterung der digitalen Antragstellung wird künftig auf das Schrifterfordernis verzichtet. Weitere Änderungen betreffen die neu geschaffene Fördermöglichkeit eines bis zu einjährigen, komplett in Drittstaaten (d. h. außerhalb der EU) absolvierten Studiengangs. Außerdem soll die Erlassmöglichkeit der Darlehensrestschuld nach 20 Jahren ausgeweitet werden. Auch soll eine Verordnungsermächtigung in das BAföG aufgenommen werden, die es der Bundesregierung ermöglicht, bei gravierenden Krisensituationen, die den Hochschulbetrieb nicht nur regional erheblich einschränken, die Förderungshöchstdauer entsprechend angemessen zu verlängern.

Der Bundesrat hat mit der Stimme Sachsens eine Stellungnahme beschlossen. Darin wird empfohlen, die Anpassung der Finanzierungsanteile von Bund und Ländern beim Gesetz zur Förderung der beruflichen Aufstiegsfortbildung (AFBG) zu prüfen. Beim AFBG obliegt den Ländern ein Finanzierungsanteil von 22%, beim BAföG hingegen trägt der Bund die Finanzierung seit 2015 allein.

Das 27. BAföG-Änderungsgesetz stellt die erste Stufe weiterreichender Reformen dar, die die Bundesregierung für diese Wahlperiode angekündigt hat.

Der Bundesrat hat in seiner 1021. Sitzung der Verordnung zur Regelung des Betriebs von Kraftfahrzeugen mit automatisierter und autonomer Fahrfunktion und zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften nach Maßgabe zugestimmt. Der Freistaat Sachsen hat Teile davon unterstützt.

Die Verordnung soll ermöglichen, dass autonome Fahrzeuge künftig bundesweit ohne einen physisch anwesenden Fahrer in festgelegten Betriebsbereichen des öffentlichen Straßenverkehrs im Regelbetrieb fahren können, wenn für diese Fahrzeuge sowie für den jeweiligen Betriebsbereich eine behördliche Genehmigung erteilt wurde. Mit dem Gesetz zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes und des Pflichtversicherungsgesetzes – Gesetz zum autonomen Fahren vom 12. Juli 2021 wurden hierfür die grundlegenden Voraussetzungen geschaffen. Die zugehörige Verordnung konkretisiert den Rechtsrahmen zum autonomen Fahren und ergänzt die gesetzlichen Bestimmungen um Vorschriften insbesondere zu den Anforderungen an die Kraftfahrzeuge mit autonomer Fahrfunktion, zu den Verfahren für die Erteilung der Betriebserlaubnis für das Kraftfahrzeug und für die Genehmigung des festgelegten Betriebsbereiches sowie zu den Anforderungen und Pflichten des Herstellers, des Halters, der Technischen Aufsicht und weiterer eingesetzter Personen. Durch die Verordnung wird eine Vielzahl verschiedener Einsatzszenarien ermöglicht, wie etwa zum Beispiel für sogenannte People-Mover, Shuttle- und Hub2Hub-Verkehre oder für die Beförderung von Personen und Gütern auf der ersten und der letzten Meile.

Der Bundesrat hat der Verordnung mit einigen Änderungen zugestimmt. So ist der Bundesrat beispielsweise der Auffassung, dass die Anforderungen an Personen, die die Technische Aufsicht bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben und Pflichten unterstützen, zu hoch seien und für viele der delegierbaren Aufgaben und Pflichten in keinem Verhältnis zum Anspruch der Aufgabe stehen würden. Daher müsse es der Technischen Aufsicht ermöglicht werden, Teilaufgaben auch auf geschultes Fachpersonal ohne Meister- beziehungsweise Ingenieurabschluss zu übertragen.

Der Bundesrat hat in seiner Plenumssitzung zum Gesetzentwurf zur Umsetzung der EU-Richtlinie über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen in der EU im Bereich des Zivilrechts, auch mit der Unterstützung des Freistaats Sachsen, Stellung genommen.

Die sogenannte Arbeitsbedingungenrichtlinie sieht vor, die Arbeitsbedingungen dadurch zu verbessern, dass transparente und vorhersehbare Beschäftigung gefördert wird. Außerdem soll die Anpassungsfähigkeit des Arbeitsmarktes gewährleistet werden.

Dazu sieht die Richtlinie im Wesentlichen vor, die bereits vorgesehenen Pflichten des Arbeitgebers zur Unterrichtung über die wesentlichen Aspekte des Arbeitsverhältnisses, die sogenannten Nachweispflichten, zu erweitern. Außerdem sollen Mindestanforderungen an die Arbeitsbedingungen unter anderem bezüglich der Höchstdauer der Probezeit, Mehrfachbeschäftigung oder Mindestvorhersehbarkeit der Arbeit festgelegt werden.

Spätestens ab 1. August 2022 sollen die dargelegten Rechte und Pflichten auf alle Arbeitsverhältnisse angewendet werden. Die Umsetzung der Arbeitsbedingungenrichtlinie erfolgt im Bereich des Zivilrechts hinsichtlich der Nachweispflichten durch Änderungen im Nachweisgesetz. Außerdem erforderlich sind Änderungen im Berufsbildungsgesetz, in der Handwerksordnung, im Seearbeitsgesetz und im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz. Die Mindestarbeitsbedingungen werden ebenfalls im Seearbeitsgesetz, in der Gewerbeordnung sowie im Teilzeit- und Befristungsgesetz umgesetzt. Schließlich erfolgen Anpassungen unter anderem im Anästhesietechnische- und Operationstechnische-Assistenten-Gesetz, im Notfallsanitätergesetz und im PTA-Berufsgesetz.  

Die Länder haben im Plenum eine Stellungnahme gefasst, in der sie sich unter anderem gegen eine Zuständigkeit der Länder bei der Kontrolle von Nachweispflichten und der Durchführung von Ordnungswidrigkeitsverfahren aussprechen. Stattdessen plädieren die Länder dafür, dass die Zollbehörden des Bundes, die bereits mit der Kontrolle von Dokumentationspflichten zur Bekämpfung von Schwarzarbeit betraut sind, die Zuständigkeit zugewiesen bekommen sollten. Der Freistaat Sachsen hat diese Stellungnahme unterstützt.

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