08.04.2022

1019. Bundesratssitzung vom 8. April 2022

Person am Rednerpult
Innenminister Wöller sprach zum »Bundeswehr Sondervermögen« im Bundesrat 
© Bundesrat | Dirk Deckbar

Wichtigste Themen: Initiative zu Messengerdiensten + Verfassungsänderung + Sondervermögen Bundeswehr + Gasspeicher + Chip-Gesetz + Nutzung Ökologische Vorrangflächen + Haushalt + AAÜG + Heizkostenzuschuss + Schutz Andenken Verstorbener + Steuerentlastungen + Pendlerpauschale + Mindestlohn + Sofortzuschlag Kinder

Zur vollständigen Tagesordnung einschließlich aller Drucksachen, Beschlüsse usw. dieser Bundesratsplenarsitzung:

Hier finden Sie das Abstimmungsverhalten des Freistaates Sachsen und die Abstimmungsergebnisse aus der 1019. Sitzung des Bundesrates.

Auf Grundlage einer sächsischen Initiative hat der Bundesrat eine Entschließung gefasst, die ein entschiedenes Vorgehen gegen rechtswidrige Inhalte in multifunktionalen Messengerdiensten wie beispielsweise Telegram fordert.

Mit der Entschließung werden einerseits die aktuellen Anstrengungen der Bundesregierung auf nationaler und europäischer Ebene in diesem Zusammenhang begrüßt und andererseits Anregungen für Klarstellungen und Verbesserungen des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes unterbreitet.

Die Entschließung betont die große Bedeutung von verschlüsselten Messengerdiensten für die vertrauliche digitale Kommunikation und den freien Austausch von Meinungen. Sie weist in dem Zusammenhang auch auf die Bedeutung dieser Plattformen gerade für die Zivilgesellschaft in autoritären Staaten oder in Kriegsgebieten hin. Dies gilt in besonderer Weise aktuell in der Ukraine, nach dem völkerrechtswidrigen russischen Angriff auf das Land. Zugleich wird festgestellt, dass diese Plattformen zunehmend auch für die Verbreitung von strafbaren Inhalten, von Verschwörungstheorien und von Aufrufen zu Gewalt verwendet werden. Gruppierungen nutzen die Plattformen nicht nur für die Begehung von Äußerungsdelikten, sondern auch für die Begehung anderer Taten, die von Eingriffen in die persönliche Lebenssphäre bis hin zu Mordplänen gegen in der Öffentlichkeit stehenden Personen reichen.

Der Bundesrat erkennt an, dass mit dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) bereits Möglichkeiten zur Verfügung stehen, um Hasskriminalität effektiv zu verfolgen und ihre Verbreitung einzudämmen. Das NetzDG verpflichtet die Betreiber insbesondere dazu, strafbare Inhalte nach Kenntnis und Prüfung zu entfernen und den Zugang zu ihnen zu sperren. Sinnvoll sei es klarzustellen, dass unter die Regelungen des NetzDG auch sogenannte multifunktionale Messengerdienste fallen und diese stärker in den Blick zu nehmen. Hier geht es um Anbieter von Diensten, die eigentlich für die Individualkommunikation konzipiert sind, aber ebenfalls den Austausch in großen offenen Gruppen mit teils deutlich über 10.000 Nutzern ermöglichen. Weiterhin regt der Bundesrat an, zu prüfen, ob die Gewinnerzielungsabsicht einer Plattform als Voraussetzung für die Anwendbarkeit des NetzDG beibehalten werden soll, da letztlich die Nutzerzahlen und damit die Reichweite eines Dienstes entscheidend sei für dessen Bedeutung.

Schließlich soll mit der Entschließung die Bundesregierung in ihren Bemühungen um eine effektive Bekämpfung von Hasskriminalität in einem gesamteuropäisch verbindlichen Rahmen mit hoher Schutzwirkung unterstützt werden. Die Bundesregierung wird gebeten, den bereits begonnenen Trilog zum Digital Services Act in diesem Sinne aktiv zu begleiten und die Anregungen aus der Entschließung zum NetzDG zu berücksichtigen, wenn das NetzDG im Zuge der Umsetzung eines verabschiedeten Digital Services Act zu ändern sein wird.

Die Entschließung wird nun der Bundesregierung zugeleitet. Diese entscheidet, ob und wann sie sich damit befasst. Feste Fristen gibt es hierfür nicht.

Der Bundesrat hat im ersten Durchgang die beiden Vorlagen »Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 87a)« und »Entwurf eines Gesetzes zur Errichtung eines ›Sondervermögens Bundeswehr‹« beraten. Zur Vorlage zur Änderung des Grundgesetzes hat der Bundesrat keine Stellungnahme abgegeben. Das Votum »Keine Einwendungen« wurde vom Freistaat Sachsen und von der Mehrheit der Länder nicht unterstützt.

Zum Gesetz zur Errichtung des »Sondervermögens Bundeswehr« hat der Bundesrat eine Stellungnahme beschlossen, die auf Anträgen der Länder Sachsen und Brandenburg im Innenausschuss beruht. Diese fordert von der Bundesregierung u.a. ein Sofortprogramm für Einsatzbereitschaft und Ausrüstung sowie langfristige Investitionen in die Bundeswehr, eine Reform des Beschaffungswesens, Ergänzungen in der Sicherheitsarchitektur sowie eine Verstärkung des Zivilschutzes. Das Plenum hat diese Forderungen beschlossen.

Mit dem »Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 87a)« soll ein neuer Absatz 1a in Artikel 87a des Grundgesetzes eingefügt werden. Dieser ermächtigt den Bund zur Errichtung eines Sondervermögens mit eigener Kreditermächtigung in Höhe von bis zu 100 Milliarden Euro zur Stärkung der Bündnis- und Verteidigungsfähigkeit und Ertüchtigung der Streitkräfte. Diese Kreditermächtigung wird von den Kreditobergrenzen der Schuldenregel ausgenommen.

Die Mittel aus diesem Sondervermögensgesetz sind an den Zweck »Stärkung der Bündnis- und Verteidigungsfähigkeit« gebunden und sollen der Finanzierung bedeutsamer Ausrüstungsvorhaben, insbesondere komplexer überjähriger Maßnahmen, dienen. Alle Einnahmen und Ausgaben des Sondervermögens sind in einen jährlichen Wirtschaftsplan einzustellen, der durch die Bundesregierung aufzustellen ist und von den parlamentarischen Gremien bewilligt wird. Nach vollständiger Inanspruchnahme der Kreditermächtigung im Sondervermögen sind die vom Sondervermögen aufgenommenen Kredite innerhalb eines angemessenen Zeitraums zurückzuführen.

Die Gesetzentwürfe werden nun dem Deutschen Bundestag für die weitere Gesetzgebung überwiesen. Im Anschluss wird der Bundesrat im zweiten Durchgang abschließend über die Gesetze befinden. Im Falle der Verfassungsänderung muss der Bundesrat mit 2/3 Mehrheit zustimmen, damit diese in Kraft treten kann.

Der Bundesrat hat die Änderung des Energiewirtschaftsgesetzes zur Einführung von Füllstandsvorgaben für Gasspeicheranlagen mit der Unterstützung Sachsens passieren lassen.

Das Gesetz soll die dauerhafte Versorgungssicherheit auf den Gasmärkten in Deutschland infolge des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine sichern. Das Gesetz geht auf eine Fraktionsinitiative der Koalitionsfraktionen im Deutschen Bundestag zurück und wurde in einem sogenannten »unechten zweiten Durchgang« im Bundesrat behandelt.

Die Gesetzesänderung soll nach dem Ansinnen des Deutschen Bundestages die Versorgungssicherheit auf dem deutschen Gasmarkt vor dem Hintergrund möglicher Lieferunsicherheiten seitens des Erdgasexporteurs Russland gewährleisten. Ziel ist es, unter Beachtung der aktuellen Lieferstrukturen eine Unterversorgung von Erdgas in den Wintermonaten zu vermeiden. Zu diesem Zweck und um Preisspitzen auszugleichen, werden mit der Änderung des Energiewirtschaftsgesetzes allen Betreibern von Gasspeicheranlagen in Deutschland bestimmte Speicherfüllstände zu verschiedenen Zeitpunkten im Jahresverlauf vorgegeben. Diese Mindestfüllstände betragen am 1. August 65 Prozent, am 1. Oktober 80 Prozent, am 1. Dezember 90 Prozent und am 1. Februar 40 Prozent.

Hintergrund für diese Gesetzesänderung ist die im Winter 2021/2022 bislang in Deutschland einmalig eingetretene Situation, bei der die Gasspeicher die niedrigsten Füllstände der vergangenen 15 Jahre aufwiesen, was in der Folge zu starken Preissteigerungen am Spotmarkt für Gas führte. Die in Deutschland tätigen Betreiber von Gasspeicheranlagen haben die Einhaltung dieser Vorgaben zu gewährleisten und zu überwachen. Die Nutzer von Gasspeicheranlagen haben die von ihnen gebuchten Speicherkapazitäten zu befüllen, anderenfalls werden diese ihnen entzogen und dem Marktgebietsverantwortlichen zur Verfügung gestellt. Dieser lässt sie entweder von Marktakteuren im Wege einer Sonderausschreibung befüllen oder kauft selber Gas ein. Der Bereitstellungsmechanismus soll dazu führen, dass zum einen eine Hortung von Speicherkapazitäten vermieden und zum anderen eine Befüllung der gebuchten Speicherkapazitäten marktwirtschaftlich angereizt wird.

Darüber hinaus enthält das Artikelgesetz Vereinfachungen für den Bau von Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschafts- oder sonstigen Unterkünften für Flüchtlinge. Diese können bis Ende 2024 von den Vorschriften des Baugesetzbuchs abweichen, um das Verfahren zu vereinfachen. Hierbei ist die Bundesregierung auch einer Forderung des Bundesrates gefolgt.

Das Gesetz soll noch am Tag nach seiner Verkündung im Bundesgesetzblatt in Kraft treten. Die gesetzlichen Regelungen zu den Füllstandsvorgaben für Gasspeicheranlagen sollen am 1. April 2025 außer Kraft treten.

Der Bundesrat hat zum Vorschlag des sogenannten »Chip-Gesetzes« Stellung genommen. Der Freistaat Sachsen hat diese Stellungnahme nicht unterstützt. Für den Freistaat Sachsen als Mikroelektronikstandort ist das Chip-Gesetz von besonderer Bedeutung.

Ziel des Verordnungsvorschlags ist die Förderung der europäischen Halbleiter-Design- und Produktionskapazitäten, um die Abhängigkeit Europas von Zulieferungen aus Drittländern zu verringern. Der europäische Anteil an der globalen Halbleiter-Produktion soll so bis 2030 auf 20% verdoppelt werden. Die Europäische Kommission begründet dies damit, dass die Corona-Krise zeige, dass global ausgerichtete Lieferketten in Krisenzeiten beeinträchtigt werden und zu Lieferengpässen führen können, zum Schaden der nachgelagerten Industrien. Deshalb soll die Resilienz der europäischen Volkswirtschaften erhöht werden. Gleichzeitig soll sichergestellt werden bei dieser zukunftswichtigen Technologie nicht ins Hintertreffen zu geraten. Dass der Auf- und Ausbau der Halbleiterindustrie ganz erhebliches Kapital erfordert, spricht dabei für ein gemeinschaftlich koordiniertes Vorgehen innerhalb der EU. Die dem Verordnungsvorschlag zugrundeliegende »Strategische Vision« wird in einer begleitenden Mitteilung (COM(2022)45) entfaltet.

Die vorgeschlagenen Maßnahmen gliedern sich in die folgenden drei Säulen:

  1. Die Initiative »Chips für Europa« soll 11 Milliarden Euro bereitstellen, um Forschung, Entwicklung und Innovation zu stärken, den Einsatz fortschrittlicher Halbleiter-Werkzeuge und die Errichtung von Pilotanlagen für das Testen und Erproben von Prototypen zu ermöglichen.
  2. Ein Rahmen zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit soll Investitionen in verbesserte Produktionskapazitäten anreizen, die als »integrierte Produktionsstätten« und »offene EU-Fertigungsbetriebe« definiert werden. Ein »Chip-Fonds« soll den Zugang von Start-ups zu Finanzmitteln erleichtern.
  3. Ein Mechanismus für die Koordinierung zwischen den Mitgliedstaaten und der Kommission soll Informationen über Angebot und Nachfrage von Halbleitern sammeln, um Engpässe zu ermitteln. Er soll Informationen der betroffenen Unternehmen sammeln, um die Halbleiter-Wertschöpfungskette zu überwachen.

Der Bundesrat hat der Dritten Verordnung zur Änderung der Direktzahlungen-Durchführungsverordnung der Bundesregierung zur Nutzung bestimmter ökologischer Vor-rangflächen für Futterzwecke im Jahr 2022 zugestimmt. Der Freistaat Sachsen hat sich koali-tionsbedingt enthalten.

Die Änderungsverordnung sieht Ausnahmen von den Restriktionen für Vorrangflächen vor. Nach geltender Rechtslage dürfen diese nur sehr eingeschränkt temporär für die Beweidung mit Schafen oder Ziegen genutzt werden. Die EU-Kommission hat den Mitgliedstaaten jedoch mit Beschluss vom 23. März 2022 erlaubt, ausnahmsweise Brachflächen zur Erzeugung von Lebens- und Futtermitteln freizugeben. Hintergrund ist der erhebliche Anstieg der Agrar- und Futtermittelpreise infolge von Turbulenzen auf den internationalen Märkten – ausgelöst durch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Die Bundesregierung möchte das Potenzial an Grundfutter erhöhen, um einen Beitrag zur Verbesserung der Versorgung zu leisten, zugleich aber die Biodiversität berücksichtigen. Anders als in den Vorjahren, in denen mit einzelnen Länderermächtigungen auf lokale Engpässe zum Beispiel nach Dürren oder Hochwasser reagiert wurde, ist für 2022 eine bundesweite Ausnahmeregel geplant, da die aktuellen Probleme ganz Deutschland betreffen. Die Verordnung definiert zwei Ausnahmen: Auf brachliegenden Flächen, die als ökologische Vorrangflächen ausgewiesen sind, soll im Jahr 2022 bereits ab dem 1. Juli eine Beweidung durch Schafe, Ziegen und weitere Tierarten möglich sein, ebenso eine Schnittnutzung für Futterzwecke. Nach geltender Rechtslage müssen solche Flächen eigentlich grundsätzlich während des ganzen Antragsjahres brachliegen – frühestens ab dem 1. August dürfen Schafe oder Ziegen den Aufwuchs beweiden. Auf ökologischen Vorrangflächen mit Zwischenfruchtanbau oder Gründecke sollen ebenfalls ausnahmsweise andere Tierarten neben Schafen und Ziegen weiden dürfen, während die Flächen mit einer bestimmten zulässigen Kulturpflanzenmischung bestellt sind. Auch hier soll im Jahr 2022 eine Schnittnutzung für Futterzwecke zulässig sein.

Der Bundesrat hat den »Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2022 (Haushaltsgesetz 2022)« im ersten Durchgang beraten und einen Entschließungsantrag mit finanzpolitischen Grundsatzpositionen beschlossen. Der Freistaat Sachsen hat diese unterstützt.

In der Stellungnahme wird auf Wunsch der ostdeutschen Länder der Bund u. a. darum gebeten, einen konkreten Stufenplan für weitere Entlastungen der Länder und Kommunen bei den Erstattungen an die Deutsche Rentenversicherung nach dem Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) vorzulegen.

Der Bundeshaushalt 2022 weist folgende Eckwerte auf:

  Vorl. Ist
2021
2. RegE
2022
Eckwerte
2023 2024 2025 2026
in Mrd EUR
Ausgaben 557,1 457,6 412,7 415,7 416,9 423,1
davon Investitionen 45,8 50,8 51,0 50,9 51,2 51,4
 
Einnahmen 557,1 457,6 412,7 415,7 416,9 423,1
davon Steuereinnahmen 313,3 332,5 350,0 363,5 376,9 390,8
Rücklage (Bestand rd. 48,2 Mrd EUR) - - 28,0 15,7 4,5 -
 
Neuverschuldung 215,4 99,7 7,5 10,6 11,8 13,7

Auch für den Bundeshaushalt 2022 erfolgt eine Aussetzung der Schuldenbremse. Die Nettokreditaufnahme beläuft sich auf 99,7 Mrd. EUR. Für den Zeitraum ab 2023 soll hingegen die Schuldenbremse wieder eingehalten werden.

Darüber hinaus ist seitens der Bundesregierung bereits jetzt ein »Ergänzungshaushalt« angekündigt, der insbesondere Aufwendungen in Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine zum Gegenstand haben soll, so voraussichtlich auch Aufwendungen für die Flüchtlinge aus der Ukraine. Das finanzielle Volumen dieses Ergänzungshaushaltes ist derzeit noch nicht bekannt

Die Stellungnahme des Bundesrates wird nun der Bundesregierung überwiesen, die dazu ebenfalls Stellung nimmt. Diese Stellungnahmen werden gemeinsam dem Deutschen Bundestag für die weitere Gesetzgebung überwiesen. Im Anschluss wird der Bundesrat im zweiten Durchgang abschließend über das Gesetz befinden.

Der Bundesrat hat das Heizkostenzuschussgesetz mit der Unterstützung Sachsens passieren lassen. Das Gesetz kann somit wie geplant am 1. Juni 2022 in Kraft treten und bis Ende Mai 2032 gelten.

Das Gesetz geht auf eine Fraktionsinitiative der Koalitionsfraktionen im Deutschen Bundestag zurück und wurde in einem sogenannten »unechten zweiten Durchgang« im Bundesrat behandelt. Mit seinem Beschluss macht der Bundesrat den Weg frei für die Auszahlung des Heizkostenzuschusses für wohngeldbeziehende Haushalte, für Beziehende nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz und dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz sowie von Berufsausbildungsbeihilfe und Ausbildungsgeld. Der einmalig auszuzahlende Heizkostenzuschuss wurde im Rahmen der Gesetzesberatungen für die Empfänger verdoppelt. Nach dem Gesetz erhält ein Ein-Personen-Haushalt im Wohngeldbezug einmalig einen Zuschuss von 270 Euro, ein Zwei-Personen-Haushalt 350 Euro und pro weiterem Familienmitglied 70 Euro. Studierende und Auszubildende, die staatliche Hilfen erhalten, haben Anspruch auf einmalig 230 Euro.

Der Zuschuss ist unpfändbar und wird von Amts wegen gezahlt, einer gesonderten Antragstellung bedarf es nicht. Die Auszahlung ist für den Sommer vorgesehen, wenn in der Regel die Heizkosten- und Nebenkostenabrechnungen eintreffen.

Eine im Bundesratsverfahren im Bauausschuss mehrheitlich verabschiedete Entschließung mit sächsischer Beteiligung erhielt im Bundesratsplenum ebenfalls eine Zustimmung. Diese Entschließung fordert eine Dynamisierung des Heizkostenzuschusses auch in Zukunft und eine schnelle und unbürokratische Umsetzung. Auch wurde die Bundesregierung um Prüfung gebeten, ob die finanziellen Auswirkungen ohne Mitfinanzierung der Länder durch den Bund getragen werden könnten.

Der Bundesrat hat beschlossen, einen Gesetzentwurf beim Bundestag einzubringen, der es den Strafverfolgungsbehörden erlaubt, die Straftat der Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener in bestimmten Fällen auch ohne Antrag der Angehörigen der oder des Verstorbenen zu verfolgen. Sachsen unterstützt diese Initiative.

Anlass des von Rheinland-Pfalz initiierten Gesetzentwurfs sind die Erfahrungen der Strafverfolgungsbehörden im Nachgang der Tötung zweier Polizeibeamter bei einer Verkehrskontrolle am 31. Januar 2022 nahe Kusel (Rheinland-Pfalz). In den sozialen Medien wurden nach der Tat über 500 Hasskommentare mit strafrechtlicher Relevanz gepostet und verbreitet. Nach aktueller Rechtslage wird die Straftat der Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener (§ 189 Strafgesetzbuch) grundsätzlich nur auf Strafantrag verfolgt (§ 194 Absatz 2 Satz 1 Strafgesetzbuch). Dies bedeutete in dem rheinland-pfälzischen Fall, dass jeder einzelne Hasskommentar von den Angehörigen der Opfer darauf geprüft werden musste, ob Strafantrag gestellt werden soll.

Ziel des vom Bundesrat beschlossenen Gesetzentwurfs ist es nun, die Angehörigen in bestimmten Fällen davon zu entlasten, jede einzelne verunglimpfende Äußerung zur Kenntnis nehmen und entscheiden zu müssen, ob diesbezüglich ein Strafantrag gestellt wird. Der Gesetzentwurf sieht hierzu vor, dass eine Strafverfolgung auch dann möglich sein soll, wenn entweder die Strafverfolgungsbehörde wegen des besonderen öffentlichen Interesses ein Einschreiten von Amts wegen für geboten hält oder wenn der Dienstvorgesetzte der oder des Verstorbenen einen Strafantrag stellt.

Der Gesetzentwurf wird nun der Bundesregierung übermittelt. Diese kann Stellung nehmen, bevor sie den Entwurf zur Entscheidung an den Bundestag weiterleitet.

Der Bundesrat hat zum »Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Umsetzung steuerlicher Hilfsmaßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise (Viertes Corona-Steuerhilfegesetz)« eine umfangreiche Stellungnahme beschlossen. Der Freistaat Sachsen hat Teile der Stellungnahme unterstützt und war mit eigenen Anträgen erfolgreich.

Mit dem Gesetz will die Bundesregierung durch gezielte steuerliche Erleichterungen Unternehmen sowie Bürgerinnen und Bürger unterstützen, um die wirtschaftlichen Auswirkungen durch die weiterhin andauernde Corona-Pandemie abzumildern.

Im Einzelnen sieht der Entwurf folgende steuerliche Maßnahmen vor:

  • Steuerfreier Pflegebonus i. H. v. 3.000 EUR (neuer § 3 Nr. 11b EStG-E, ab 2021)
  • Steuerfreiheit Kurzarbeitergeld (Verlängerung bis Ende Juni 2022)
  • Homeoffice-Pauschale i. H. v. max. 600 EUR (Verlängerung bis 31.12.2022)
  • Degressive AfA auf bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens (Verlängerung auf für im Jahr 2022 angeschaffte Wirtschaftsgüter)
  • Betragsmäßige Erweiterung des Verlustrücktrags (Verlängerung bis Ende 2023) und zeitliche Erweiterung des Verlustrücktrags auf zwei Vorjahre (dauerhafte Ausweitung für Verluste ab 2022)
  • Reinvestitionsfristen nach § 6b EStG (Verlängerung um 1 Jahr)
  • Reinvestitionsfristen nach § 7g EStG (Verlängerung um 1 Jahr)
  • Erklärungsabgabefristen 2020 bis 2022 und Folgeänderungen beim Verspätungszuschlag und Zinslauf (Verlängerung)
  • Lohnsteuereinbehalt Seeschifffahrt (Erweiterung; Bezug auf EU/EWR-Raum).

In seiner Stellungnahme fordert der Bundesrat u. a. Verbesserungen bei dem steuerfreien Pflegebonus, eine weitere Verlängerung der Steuererklärungsfristen und Veränderungen bei den Regelungen für das Homeoffice.

Sachsen war mit einem Antrag erfolgreich, der die Abschaffung des steuerlichen Abzinsungsgebotes bei Verbindlichkeiten ab 2022 fordert. Durch die Abschaffung dieser – in der Praxis obsoleten – Vorschrift soll sichergestellt werden, dass es nicht in Einzelfällen zu Nachforderungen bezüglich der ausgezahlten zinsfreien Corona-Darlehen kommen kann.

Die Stellungnahme des Bundesrates wird nun der Bundesregierung überwiesen, die dazu ebenfalls Stellung nimmt. Diese Stellungnamen werden gemeinsam dem Deutschen Bundestag für die weitere Gesetzgebung überwiesen. Im Anschluss wird der Bundesrat im zweiten Durchgang abschließend über das Gesetz befinden.

Der Bundesrat hat zum »Entwurf eines Steuerentlastungsgesetzes 2022« im ersten Durchgang keine Einwendungen erhoben.

Mit dem Gesetzentwurf beabsichtigt die Bundesregierung, die Verbraucherinnen und Verbraucher von den stark gestiegenen Preisen, insbesondere für Energie, zu entlasten. Im Einzelnen sieht der Gesetzentwurf folgende steuerliche Maßnahmen vor:

  • Anhebung des Arbeitnehmer-Pauschbetrages bei der Einkommensteuer um 200 EUR auf 1.200 EUR rückwirkend zum 1. Januar 2022,
  • Anhebung des Grundfreibetrags für 2022 von derzeit 9.984 EUR um 363 EUR auf 10.347 EUR rückwirkend ab dem 1. Januar 2022 und
  • Vorziehen der bis 2026 befristeten Anhebung der Entfernungspauschale für Fernpendler (ab dem 21. Kilometer) rückwirkend ab dem 1. Januar 2022 auf 38 Cent sowie Vorziehen der bis 2026 befristeten Anhebung der Bemessungsgrundlage für die Mobilitätsprämie.

Der Gesetzentwurf wird nun dem Deutschen Bundestag für die weitere Gesetzgebung überwiesen. Im Anschluss wird der Bundesrat im zweiten Durchgang abschließend über das Gesetz befinden.

Der Bundesrat hat zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Erhöhung des Schutzes durch den gesetzlichen Mindestlohn und zu Änderungen im Bereich der geringfügigen Beschäftigung im ersten Durchgang mit der Unterstützung Sachsens keine Einwendungen erhoben.

Ziel des Gesetzentwurfes ist es, den gesetzlichen Mindestlohn einmalig zum 1. Oktober 2022 auf einen Bruttostundenlohn von 12 Euro anzuheben und damit einen angemessenen Mindestschutz für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sicherzustellen. Über weitere Anpassungen entscheidet dann weiterhin die Mindestlohnkommission – das nächste Mal bis zum 30. Juni 2023 mit Wirkung zum 1. Januar 2024. Zugleich wird entsprechend der Erhöhung des Mindestlohns die Geringfügigkeitsgrenze von bisher 450 Euro auf 520 Euro monatlich erhöht und dynamisch ausgestaltet. Darüber hinaus werden weitere Maßnahmen definiert, um die Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung zu fördern und zu verhindern, dass Minijobs reguläre Arbeitsverhältnisse ersetzen. Zu diesem Zweck wird die Möglichkeit eines zulässigen unvorhersehbaren Überschreitens der Entgeltgrenze bei geringfügig Beschäftigten geregelt. Darüber hinaus wird die Höchstgrenze für eine Beschäftigung im Übergangsbereich von 1300 auf 1600 Euro pro Monat erhöht. Dies soll zu einer weitergehenden Entlastung von sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten mit geringem Lohn führen. Außerdem sollen die Anreize für geringfügige Beschäftigte erhöht werden, ihre Arbeitszeit über den Minijob hinaus auszuweiten.

Der Gesetzentwurf wird nun dem Deutschen Bundestag für die weitere Gesetzgebung überwiesen. Im Anschluss wird der Bundesrat im zweiten Durchgang abschließend über das Gesetz befinden.

Der Bundesrat hat im ersten Durchgang zum Sofortzuschlags- und Einmalzahlungsgesetz Stellung genommen. Der Freistaat Sachsen hat die Stellungnahme unterstützt.

Das Gesetz sieht im Wesentlichen die monatliche Zahlung eines pandemiebedingten Sofortzuschlages für Kinder im Vorgriff vor der Einführung der von der Bundesregierung geplanten Kindergrundsicherung vor. Gründe hierfür seien beispielswiese Mehrausgaben für Gesundheitsprodukte wie FFP2-Masken oder die gestiegene Inflation.

Mit dem Entwurf soll die gesellschaftliche Teilhabe sowie die Teilhabe an (Aus-)Bildung und auf dem Arbeitsmarkt von Kindern gestärkt werden, deren Eltern kein ausreichendes Einkommen für die Familie erzielen. Zudem soll durch die erneute Gewährung einer Einmalzahlung in Höhe von 100 Euro an erwachsene Leistungsberechtigte der sozialen Mindestsicherungssysteme ein zusätzlicher finanzieller Handlungsspielraum als Ergänzung zu den Regelbedarfen geschaffen werden, um etwaige im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie stehende zusätzliche oder erhöhte Ausgaben zu finanzieren. Das Gesetz soll am 1. Juli 2022 in Kraft treten.

Die Länder unterstützen das mit dem Gesetz verfolgte Ansinnen ausdrücklich. Der Bundesrat hat in einer von Sachsen unterstützten Stellungnahme zum Gesetzentwurf allerdings auch deutlich gemacht, dass er für die zuständigen Leistungsträger eine Erstattung der ihnen entstehenden Ausgaben für den Sofortzuschlag und die Einmalzahlung durch den Bund erwartet.

Die Stellungnahme des Bundesrates wird nun der Bundesregierung überwiesen, die dazu ebenfalls Stellung nimmt. Diese Stellungnamen werden gemeinsam dem Deutschen Bundestag für die weitere Gesetzgebung überwiesen. Im Anschluss wird der Bundesrat im zweiten Durchgang abschließend über das Gesetz befinden.

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