19.10.2018

971. Bundesratssitzung vom 19. Oktober 2018

Wichtigste Themen: Sächsische Initiativen zum Wolf und zu SED-Unrecht + Rentenpaket (AAÜG) + Wahlen der Ausschussvorsitzenden + Gute-Kita-Gesetz + Gesichtsverhüllung + Ferkelkastration + Weiterbildung + Sonder-AfA Wohnungsbau + Mietpreisbremse + DSGVO + Strahlenschutz

Zur vollständigen Tagesordnung einschließlich aller Drucksachen, Beschlüsse usw. dieser Bundesratsplenarsitzung:

Hier finden Sie das Abstimmungsverhalten des Freistaates Sachsen und die Abstimmungsergebnisse aus der 971. Sitzung des Bundesrates.

Der Freistaat Sachsen hat gemeinsam mit den Ländern Niedersachsen und Brandenburg eine Entschließung zum Umgang mit dem Wolf eingebracht.

Die antragstellenden Länder fordern vom Bund ein bundesweites Wolfsmanagement, um bessere und rechtssichere Regeln für den Umgang mit der streng geschützten Tierart zu schaffen. Dazu haben sie dem Bundesrat einen Entschließungsantrag mit einem Zehn-Punkte-Plan vorgelegt. Der Plan umfasst ein Maßnahmenbündel, um ein Nebeneinander von Wolf, Menschen und Nutztieren zu ermöglichen.

Die Wolfspopulation in Deutschland wächst sehr schnell und die hohe Mobilität der Tiere erfordert eine bundesweite Betrachtung der Population, um einerseits dem strengen Schutz der Wölfe Rechnung zu tragen und andererseits auch die wirtschaftlichen Belange der Weidetierhalter zu sichern. Dafür müssten Gefährdungen für Personen und Übergriffe der Wölfe insbesondere auf Weidevieh ausgeschlossen werden, um so die Akzeptanz in der Bevölkerung zu erhöhen und Ängste abzubauen. Der Bund soll ein nationales Konzept entwickeln, das die Bewertung und Beobachtung der Wolfspopulation, die Finanzierung von Präventionsmaßnahmen sowie Entschädigungsregeln einschließt und deutsche mit europäischen Gesetzen in Einklang bringt. Weidetierhalter müssten bei der Umsetzung von Präventionsmaßnahmen wie zum Beispiel Bau und Unterhalt von wolfssicheren Zäunen zum Herdenschutz zu 100 Prozent gefördert werden. Die Bundesregierung solle dazu Verhandlungen mit der EU-Kommission führen.

Konkret soll eine Novellierung des BNatSchG (Bundesnaturschutzgesetzes) auf den Weg gebracht werden, die den gesamten Artikel 16 Abs.1 der FFH-Richtlinie (Abweichungsmöglichkeit der Mitgliedsstaaten beim Erhaltungszustand der geschützten Population) 1:1 umsetzt. Auch soll eine Änderung im BNatSchG (§ 45 Abs.7) bei den Ausnahmevoraussetzungen zum Eingriff in die Population umgesetzt werden.

Der sächsische Staatsminister Thomas Schmidt betonte in seiner Rede: Wir brauchen mehr Unterstützung vom Bund, gerade um bei Menschen in den betroffenen Regionen Akzeptanz für den Artenschutz zu finden. Auch wenn der Schutz des Wolfes ein wichtiges Anliegen ist, muss der Mensch auch weiter an erster Stelle stehen. »Sicherheit geht vor Artenschutz.«

Der Antrag wurde nach der Vorstellung zur Beratung in die Ausschüsse überwiesen.

Rede von Staatsminister Thomas Schmidt

Sachsen setzt sich gemeinsam mit den anderen Ost-Ländern für eine Verbesserung der sozialen Lage anerkannter politisch Verfolgter ein. Mit dem Antrag, den der Bundesrat mit breiter Mehrheit beschlossen hat, wird die Bundesregierung gebeten zu prüfen, ob die SED-Unrechtsbereinigungsgesetze ergänzt werden müssen.

Auch mehr als 25 Jahre nach Inkrafttreten des Ersten Gesetzes zur Bereinigung von SED-Unrecht im Jahr 1992 und trotz zwischenzeitlicher Novellierungen des Strafrechtlichen, des Verwaltungsrechtlichen und des Beruflichen Rehabilitierungsgesetzes zeigt sich, dass die soziale Lage der Betroffenen aufgrund ihrer erlittenen Schicksale oftmals sehr schlecht ist. Dies gilt unabhängig von den damals angewandten Repressionsmethoden. Die Betroffenen leiden häufig unter gesundheitlichen Verfolgungsschäden und haben häufig ein verringertes Einkommen aus Arbeit und Rente

Der Antrag der Ost-Länder hat unter anderem zum Inhalt, dass der Zugang zu Ausgleichszahlungen auch Opfern sogenannter Zersetzungsmaßnahmen des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) und verfolgten Schülern eröffnet wird. Außerdem sollen Opfer von Zwangsaussiedlungsmaßnahmen besser berücksichtigt werden. Auch Haftopfern, die weniger als 180 Tage in Haft waren, sollen künftig regelmäßige Ausgleichszahlungen erhalten.

Sachsen setzt sich damit weiter konsequent für die Beseitigung des SED-Unrechts ein. Bereits im Februar dieses Jahres verlief eine Mitantragstellung Sachsens zu den SED-Unrechtsbereinigungsgesetzen erfolgreich. Sachsen hatte sich im Bundesrat für die Aufhebung der Ende 2019 auslaufendenden Antragsfristen in den Rehabilitierungsgesetzen stark gemacht.

Nunmehr liegt es am Deutschen Bundestag über die Initiative des Bundesrates zu entscheiden.

Der Bundesrat hat zum Rentenpaket der Bundesregierung Stellung genommen.

Die Bundesregierung bezeichnet die Rente als das Kernversprechen der Gesellschaft in der sozialen Marktwirtschaft. Dementsprechend ist das Ziel des Rentenpakts, zu dem die Bundesregierung den Gesetzentwurf vorgelegt hat, die Einhaltung der sogenannten doppelten Haltelinie, also des Rentenniveaus bei 48 % und des Beitragssatzes zur gesetzlichen Rentenversicherung bei höchstens 20 %. Der Gesetzentwurf umfasst aber nicht nur die Absicherung des Rentenniveaus und des Rentenbeitragssatzes bis 2025, sondern auch höhere Leistungen für zukünftige Erwerbsminderungsrentner durch eine Ausweitung der Zurechnungszeit und einen weiteren Rentenzuschlag für Elternteile, deren Kinder vor 1992 geboren wurden.

Die Ausweitung der Zurechnungszeit bei den Erwerbsminderungsrenten bedeutet, dass Menschen, die wegen Krankheit vorzeitig in Rente gehen müssen, so gestellt werden, als hätten sie bis zum aktuellen Rentenalter weitergearbeitet. Außerdem sollen nach den Vorstellungen der Bundesregierung Geringverdiener bei den Sozialbeiträgen entlastet werden - hierfür ist eine Anhebung der Einkommensgrenze, ab der die vollen Sozialbeiträge gezahlt werden müssen, von 850 auf 1.300 Euro vorgesehen. Im Gegensatz zur derzeitigen Rechtslage würde damit ein Versicherter trotz geringerer Rentenbeiträge – zudem zukünftig bis zur höheren Einkommensgrenze – den vollen Rentenanspruch erwerben.

Der Freistaat hat Teile der Stellungnahme des Bundesrates unterstützt. Sachsen war in den Ausschussberatungen auch mit eigenen Anträgen erfolgreich. Unter anderem machte sich der Bundesrat eine sächsische Forderung zur Entlastung der ostdeutschen Länder bei den DDR-Sonderrenten (AAÜG) zu eigen. Im Jahr 2022 werden die Erstattungen der ostdeutschen Länder nach dem AAÜG insgesamt ein Niveau von voraussichtlich rund 3,1 Mrd. Euro erreichen. Allein für Sachsen ist im Jahr 2018 mit AAÜG-Ausgaben in Höhe von 832 Mio. Euro zu rechnen. Diese steigen mittelfristig weiter an und werden in Sachsen voraussichtlich in der Spitze ein Niveau von jährlich rund 1 Mrd. Euro erreichen. Diese Zahlungen, die nur von den Ostländern geleistet werden, sind für diese Länder mit ausgeprägter Struktur- und Finanzschwäche eine erhebliche Last, die den weiteren ostdeutschen Aufholprozess und die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse in Ost- und Westdeutschland erschwert. Der Bundesrat fordert von der Bundesregierung eine signifikante Erhöhung des Bundesanteils, wie im Übrigen auch im Koalitionsvertrag angekündigt.

Darüber hinaus war ein sächsischer Antrag erfolgreich, der vorsieht, die Arbeiten in Objekten des Altbergbaus unter Tage den knappschaftlichen Arbeiten gleichzustellen, wenn sie die Dauer von drei Monaten überschreiten. Unter dem Altbergbau werden ehemalige Bergwerke verstanden, die keinen Rechtsnachfolger haben. Insbesondere in Sachsen sind eine Reihe solcher Altbergbaue zu finden. Derzeit sind Arbeitnehmer in Bergsicherungsunternehmen nicht in der knappschaftlichen Rentenversicherung versichert, auch dann nicht, wenn sie Tätigkeiten unter Tage verrichten.

Der Bundesrat hat den Sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer erneut zum Vorsitzenden des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten gewählt. Der Ausschuss befasst sich mit der Pflege der Beziehungen zu auswärtigen Staaten. In den Sitzungen des Ausschusses erstattet der Außenminister den Ministerpräsidenten Bericht über außenpolitische Schwerpunkte der Bundesregierung.

Da die Länder traditionell ihre Regierungschefs in den Auswärtigen Ausschuss entsenden, gehört dieser zu den beiden »Politischen Ausschüssen« des Bundesrates. Eine weitere Besonderheit liegt darin, dass der Ausschuss nicht regelmäßig, sondern nur aus wichtigem Anlass zu einer »politischen Sitzung« zusammentritt. Daneben erfolgt die notwendige Beteiligung des Ausschusses durch Umfrageverfahren unter den Ausschussmitgliedern.

Der Bundesrat hat zum »Gute-Kita-Gesetz« Stellung genommen. Der Freistaat Sachsen hat die Stellungnahme weitgehend unterstützt.

Der von der Bundesregierung eingebrachte Gesetzentwurf soll die Qualität der frühen Bildung, Erziehung und Betreuung in Kindertageseinrichtungen und in der Kindertagespflege bundesweit weiterentwickeln. Bestehende Unterschiede zwischen den Ländern sollen weitestgehend angeglichen werden. Die Länder können unter verschiedenen Maßnahmen und Handlungsfeldern auswählen, die sie für die Weiterentwicklung der Qualität in der Kindertagesbetreuung in ihrem Land für geeignet halten. Jedes Land schließt mit dem Bund darüber einen Vertrag ab. Als Maßnahmen zur Verbesserung der Teilhabe in der Kindertagesbetreuung sollen außerdem bundesweit verpflichtende soziale Staffelungen der Elternbeiträge eingeführt und die Beitragsfreiheit für Familien mit geringem Einkommen erweitert werden.

Der Bundesrat hat in einer von Sachsen weitgehend unterstützten Stellungnahme die Absicht des Bundes begrüßt, die Qualität und die Teilhabe in Kindertageseinrichtungen weiterzuentwickeln. Allerdings formuliert der Bundesrat aber auch deutliche Kritik: Die Finanzmittel des Bundes müssten dauerhaft bereitgestellt werden - und nicht nur, wie derzeit vorgesehen, bis 2022. Anders sei das Ziel einer nachhaltigen und dauerhaften Qualitätsverbesserung nicht zu erreichen. Weitere Kritikpunkte betreffen u. a. die teilweise sehr aufwändigen Monitoring- und Evaluationsverfahren. Außerdem wenden sich die Länder gegen bundesweit verpflichtende Vorgaben zur Staffelung der Elternbeiträge: Damit werde unverhältnismäßig in die Länderzuständigkeit und dass Selbstverwaltungsrecht der Kommunen eingegriffen, zudem wäre der Anpassungsaufwand für die Träger der Kindertageseinrichtungen sehr hoch.

Gemeinsam mit anderen Ostländern hat sich Sachsen in einer Protokollerklärung dafür eingesetzt, dass durch den Bund auch bereits ergriffene Maßnahmen zur Verbesserung der Qualität der Betreuung Anerkennung finden. Hiermit soll dem historisch gewachsenen höheren Betreuungsgrad in den Ostländern angemessen Rechnung getragen werden.

Sachsen hat einen Antrag der Länder Nordrhein-Westfalen und Bayern unterstützt, wonach bei einer Gerichtsverhandlung beteiligte Personen ihr Gesicht weder ganz noch teilweise verhüllen dürfen. Der Gesetzesentwurf sieht Ausnahmen für das Verbot vor; so können zum Beispiel verdeckte Ermittler und zu Sicherheitszwecken eingesetzte Polizeibeamten von dem Verbot befreit werden.

Mit dem Gesetzentwurf soll ein Beschluss der diesjährigen Justizministerkonferenz aus dem Frühjahr umgesetzt werden. Vermehrt werden aus der gerichtlichen Praxis Bitten an die Landesjustizverwaltungen herangetragen, rechtssichere Grundlagen zu schaffen, um eine effektive Verhandlungsführung zu ermöglichen. Dieser Bitte kam Sachsen mit seiner Unterstützung für den Gesetzesentwurf nach. Bereits vor zwei Jahren hatte der Bundesrat die Bundesregierung in einer Entschließung aufgefordert, eine gesetzliche Regelung zu prüfen. Diese hat sich allerdings bislang noch nicht dazu geäußert.

Seit Juni 2017 verbietet ein Bundesgesetz Gesichtsverhüllungen in der Beamtenschaft und beim Militär. Gleiches gilt unter anderem für Personalausweise. Auch Führer eines Kraftfahrzeugs dürfen ihr Gesicht seit Oktober 2017 nicht mehr verhüllen. Darüber hinaus gibt es länderspezifische Regelungen etwa für Schulen und Hochschulen

Anders als in Deutschland existiert in vielen anderen Staaten der Europäischen Union – etwa in Frankreich, Italien, Niederlande, Belgien, Österreich – ein Verbot der Gesichtsverhüllung im öffentlichen Raum. Gerade während einer Gerichtsverhandlung kann die nonverbale Kommunikation und insbesondere der Gesichtsausdruck ein zentrales Element darstellen, um Reaktionen richtig einschätzen zu können.

Der Bundesrat hat mit den Stimmen Sachsens eine Entschließung zur Umsetzung der schmerzfreien Ferkelkastration verabschiedet.  

Der Entschließungsantrag befasst sich mit der Frage, wie die Pflicht zur schmerzfreien Ferkelkastration künftig praktisch umgesetzt werden kann. Nach geltendem Recht ist die betäubungslose Ferkelkastration nur noch bis zum Jahresende 2018 zulässig. Eine vorangegangene Gesetzesinitiative, um diese Frist zu verlängern, bekam keine Mehrheit.

Die Bundesregierung soll in der Entschließung aufgefordert werden, unter Einbeziehung von Vertretern der Landwirtschaft, der Verarbeitungskette, des Handels, des Tierschutzes und Verbraucherschutzes sowie der Wissenschaft im Rahmen einer Initiative weitere Alternativen zur betäubungslosen Ferkelkastration zu diskutieren. Auch wird die Bundesregierung gebeten, ausreichend Haushaltsmittel für die erforderlichen wissenschaftlichen Gutachten zur Verfügung zu stellen. Damit soll angestrebt werden, die Anzahl der nach Tierschutzrecht zugelassenen Verfahren, die eine Schmerzausschaltung gewährleisten, zu erhöhen, um so den Betrieben einen größeren Handlungsspielraum und bessere Rahmenbedingungen im europäischen und internationalen Wettbewerb zu verschaffen und um die hohe fachliche Kompetenz der Sauenhalter in Deutschland zu erhalten.

Ferner wird die Bundesregierung gebeten, im Rahmen der Entwicklung des Tierwohllabels für Lebensmittel als unverzichtbares Merkmal die nationale Kennzeichnung aufzunehmen, wo die Tiere geboren, aufgezogen, geschlachtet und verarbeitet wurden. Auf diese Weise könne ein hoher gesetzlicher Tierschutzstandard innerhalb der gesamten Wertschöpfungskette abgebildet werden. Dies schaffe Transparenz und würde helfen weiteres Vertrauen in die deutsche Tierhaltung aufzubauen.

Der Bundesrat hat sich abermals mit einer Entschließung zu Forderungen für Hardware-Nachrüstungen zur Vermeidung von Fahrverboten für betroffene Diesel-Fahrzeuge befasst.

Die Entschließung fand im Plenum eine Mehrheit. Der Freistaat Sachsen hat die Forderung nicht unterstützt.

Die Entschließung fordert Hardware-Nachrüstungen für Dieselfahrzeuge auf Kosten der Hersteller. Die Entschließung geht davon aus, dass viele Diesel-Fahrzeuge de facto nicht den Abgasnormen entsprechen und sieht deshalb dringenden Handlungsbedarf. Hardware-Nachrüstungen sollen demnach die wirksamste Methode darstellen, um die Luftqualität in den Städten nachhaltig zu verbessern und damit letztlich auch Fahrverbote zu vermeiden.

Die Bundesregierung soll die Voraussetzungen schaffen, damit für die betroffenen Dieselfahrzeuge eine Hardware-Nachrüstung erfolgen kann. Zudem soll sie zeitnah die Zulassungsvoraussetzungen für solche technisch umgerüsteten Diesel-Fahrzeuge regeln, die die Abgasnormen erfüllen. Die Kosten der Umrüstung seien von den Herstellern zu tragen, denn die Verbraucherinnen und Verbraucher, die ein vermeintlich emissionsarmes Diesel-Fahrzeug gekauft haben, dürfen nicht auf den Kosten sitzen bleiben, so die Forderung der Länder.

Am 02. Oktober 2018 hatte die Bundesregierung Pläne für saubere Luft in den Städten vorgestellt. Sie will ebenfalls Fahrverbote verhindern und dort, wo sie unumgänglich sind, Nachteile für Bürgerinnen und Bürger, die auf individuelle Mobilität angewiesen sind, vermeiden. Dies gelte sowohl für finanzielle Belastungen als auch für Nutzungseinschränkungen. Dabei sieht sie ebenfalls eine hohe Verantwortung bei der Automobilindustrie. Neben einer Reihe von Maßnahmen sieht der Plan ebenfalls vor, dass betroffene Fahrzeughalter die Hardware-Nachrüstung eines Euro 5-Diesel-Fahrzeugs mit einem SCR-System (Harnstoff-Einspritzung/AdBlue®) nachrüsten können. Voraussetzung ist, dass ein solches System verfügbar und geeignet ist, den Stickoxidausstoß auf weniger als 270 mg/km zu reduzieren. In diesem Fall erwartet der Bund vom jeweiligen Automobilhersteller, dass er die Kosten hierfür einschließlich des Einbaus übernimmt. Allerdings sieht der Bund die Haftung für die Hardwarenachrüstung bei den Nachrüstern. Die Automobilindustrie ihrerseits verweist darauf, dass derartige Nachrüstsätze derzeit noch nicht zugelassen seien und der Zulassungsprozess langwierig sei. Darüber hinaus könne eine Nachrüstung mit Kraftstoffmehrverbrauch und Komforteinbußen verbunden sein, deshalb werde die Haftung ausschließlich bei den Nachrüstern gesehen.

Der Bundesrat hat zum Qualifizierungschancengesetzes Stellung genommen. Der Freistaat Sachsen hat Teile der Stellungnahme unterstützt.

Kern des Gesetzentwurfes ist eine Verbesserung der Weiterbildung für Beschäftigte, die vom Strukturwandel durch die Digitalisierung betroffen sind. Drüber hinaus soll die Weiterbildungsberatung durch die Bundesagentur für Arbeit gestärkt werden.

Hierzu – so der Vorschlag im Gesetzentwurf der Bundesregierung – soll der Zugang zur Weiterbildungsförderung unabhängig von Qualifikation, Lebensalter und Betriebsgröße allen Beschäftigten geöffnet werden, deren Arbeitsplatz sich künftig wandelt. Zudem sieht der Gesetzentwurf Zuschüsse zum Arbeitsentgelt bei Weiterbildung vor.

Ferner ist im Gesetz eine Erleichterung beim Anspruch auf Arbeitslosengeld vorgesehen, die darin besteht, dass ab Januar 2020 die Dauer der Rahmenfrist, innerhalb der die Mindestversicherungszeit erfüllt sein muss, von 30 auf 24 Monate sinkt.  

Weiterer wichtiger Inhalt des Gesetzes ist die Entlastung von Beschäftigten und Arbeitgebern durch die Senkung des Beitragssatzes zur Arbeitslosenversicherung. Vorgesehen ist eine dauerhafte gesetzliche Senkung von 3,0 auf 2,6 Prozent. Befristet bis zum Ende des Jahres 2022 soll der Beitragssatz zudem wegen der guten Haushaltslage der Bundesagentur für Arbeit durch Verordnung um weitere 0,1 Prozent reduziert werden. Damit beträgt der Arbeitslosenversicherungsbeitragssatz ab 1. Januar 2019 2,5 Prozent.

Der Gesetzentwurf ist im Bundesrat auf Zuspruch gestoßen. Im Bereich der Weiterbildung plädiert er allerdings für eine bessere Abstimmung und Vernetzung mit bestehenden Strukturen und Angeboten der Länder. Sachsen hat deshalb die Forderung unterstützt, im Gesetz ein Kooperationsgebot aufzunehmen.

Der Bundesrat hat zum »Entwurf eines Gesetzes zur steuerlichen Förderung des Mietwohnungsneubaus« Stellung genommen.

Der Gesetzentwurf sieht vor, durch eine bis Ende des Jahres 2021 befristete Sonderabschreibung, die - zusätzlich zur linearen Abschreibung - fünf Prozent pro Jahr beträgt, den Neubau von Mietwohnungen gezielt zu fördern.

Die Stellungnahme des Bundesrates wird von Sachsen insbesondere darin unterstützt, dass man die vorgesehene De-minimis-Regel kritisch sieht. De-minimis (von geringer Bedeutung) bedeutet, dass der Steuervorteil aus der Sonderabschreibung in drei Jahren 200.000 Euro nicht übersteigen darf. Dies hat europarechtliche Gründe. Als De-minimis-Beihilfen gelten Beihilfen, die von einem Mitgliedstaat an ein Unternehmen vergeben werden und deren Betrag als geringfügig anzusehen ist, weil damit vermutet wird, dass eine Beeinträchtigung des Wettbewerbs nicht stattfindet. Folglich sind sie von der Anwendung der Wettbewerbsregeln ausgenommen. Eine De-minimis-Beihilfe ist auf Grund ihres Volumens nicht genehmigungspflichtig. Die Sonderabschreibung wäre damit nicht notifizierungspflichtig, allerdings für Großinvestoren auch wenig attraktiv. Deshalb wird befürchtet, dass der Effekt auf die Zahl der Neubauten deutlich eingeschränkt wird.

Kritisch sieht Sachsen hingegen etwa die Forderungen die förderfähigen Anschaffungs- und Herstellungskosten von derzeit 3.000 € je Quadratmeter auf 4.000 € zu erhöhen oder eine gesonderte Abschreibungsmöglichkeit für Aufstockungen. Abgelehnt wird von Sachsen auch eine Erhöhung der normalen Abschreibung von 2 Prozent auf 3 Prozent pro Jahr und eine regionale Beschränkung der Sonderabschreibung.

Der Bundesrat hat sich heute erstmals mit dem Gesetzentwurf der Bundesregierung eines Zweiten Datenschutz-Anpassungs- und Umsetzungsgesetzes EU befasst und mit den Stimmen Sachsens eine umfangreiche Stellungnahme beschlossen.

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf sollen bisher noch nicht erfolgte Anpassungen in bereichsspezifischen datenschutzrechtlichen Regelungen des Bundes an die Vorgaben der am 25. Mai 2018 in Kraft getretenen Datenschutz-Grundverordnung der EU (DSGVO) und der Richtlinie 2016/680 vorgenommen werden. Hierzu sind Änderungen in 152 Gesetzen und zwei Verordnungen vorgesehen.

Sachsen hat sich in den Ausschussberatungen insbesondere für Erleichterungen für kleine und mittlere Unternehmen eingesetzt und gefordert, dass die Bestellung eines Datenschutzbeauftragten bei nichtöffentlichen Stellen nur noch dann erforderlich sein soll, wenn die Anzahl der maßgeblich mit der Verarbeitung personenbezogener Daten Beschäftigten mindestens 50 statt bisher 10 Personen beträgt. Dieses Anliegen bekam jedoch keine Mehrheit.

Darüber hinaus hat der Bundesrat zur Verhinderung missbräuchlichen Abmahnwesen beschlossen, dass auch Regelungen über die Durchsetzung von Marktverhaltensregelungen im UWG dem Anwendungsvorrang der DSGVO unterliegen sollen.

Der Bundesrat hat im ersten Durchgang Stellung zum Mietrechtsanpassungsgesetz genommen.

Der Gesetzesentwurf der Bundesregierung sieht eine Ergänzung der Regelungen über die zulässige Miethöhe bei Mietbeginn und zur Anpassung der Regelungen über die Modernisierung der Mietsache vor. Hierzu enthält der Gesetzesentwurf unter anderem folgende Regelungen:

  • Einführung einer vorvertraglichen Auskunftsverpflichtung des Vermieters
  • Umlagesatz für Modernisierungskosten wird abgesenkt
  • Einführung einer Kappungsgrenze für Mieterhöhungen nach einer Modernisierung
  • Einführung eines neuen Ordnungswidrigkeiten-Tatbestandes für das sogenannte »Herausmodernisieren«

Der Bundesrat begrüßt mehrheitlich, dass mit dem Entwurf das Instrument der Mietpreisbremse gestärkt werden soll. Im Hinblick auf die konkrete Ausgestaltung erkennt der Bundesrat jedoch noch weiteren Prüfbedarf.

Der Bundesrat hat der umfangreichen Strahlenschutzverordnung im Bereich der ionisierenden und der nicht ionisierenden Strahlung mit vielen Änderungen zugestimmt.

Mit der Verordnung wird u.a. die Euratom-Richtlinie aus dem Jahr 2013 umgesetzt. Die dem Schutz vor der schädlichen Wirkung ionisierender Strahlung dienende Strahlenschutzverordnung soll dabei das zum Jahresende in Kraft tretende nationale Strahlenschutzgesetz vollzugsfähig machen und den bestehenden hohen Schutzstandard weiter verbessern. Der Entwurf enthält zahlreiche Änderungen in insgesamt 19 Verordnungen.

Die Strahlenschutzverordnung übernimmt auch Vorgaben der geltenden Strahlenschutzverordnung und der Röntgenverordnung, die sodann außer Kraft treten werden. Die Regelungen zur ionisierenden Strahlung reichen vom beruflichen über den medizinischen Strahlenschutz bis hin zum allgemeinen Schutz der Bevölkerung. Des Weiteren sind Regelungen zum Schutz vor dem Edelgas Radon in Aufenthaltsräumen oder an Arbeitsplätzen vorgesehen. Dazu gehört u. a. die Ausweisung von Radonvorsorgegebieten, in denen Maßnahmen zur Reduzierung der Radonkonzentration zur Pflicht gemacht werden. Sachsen hat durch einen Maßgabeantrag die Eingriffsschwelle zur Ausweisung solcher Gebiete erhöht. Der Verordnungsentwurf sah ursprünglich eine Pflicht zur Einrichtung eines Vorsorgegebietes vor, wenn 10 % der Gebäude in 50 % einer bestimmten Fläche einen erhöhten Wert aufweisen. Aufgrund dieser Regelung wären 40 - 60 % der Gebäude in diesem Gebiet von Vorgaben bezüglich zusätzlicher Schutzmaßnahmen gegen Radon betroffen, ohne tatsächlich höhere Radonkonzentration aufzuweisen. Da dies für die betroffenen Eigentümer auch mit höheren Baukosten verbunden wäre, erachtet der Freistaat diese Vorgaben für nicht verhältnismäßig. Der Antrag Sachsens hat diese Schwelle nun auf 10 % der Gebäude in 75 % der Fläche gesenkt. Damit wird eine bessere Einschätzung der Relevanz von auszuweisenden Radonvorsorgegebieten möglich. Der Freistaat Sachsen ist aufgrund seiner geologischen Voraussetzungen von Radonvorkommen betroffen.

Mit den Regelungen zum Schutz vor schädlichen Wirkungen nicht ionisierender Strahlung bei der Anwendung am Menschen werden erstmals rechtliche Anforderungen an den sicheren Betrieb nicht ionisierender Strahlungsquellen festgelegt, die zu kosmetischen oder sonstigen nicht medizinischen Zwecken eingesetzt werden, zum Beispiel Laser. Bislang können diese Strahlungsquellen von jeder Person gewerblich eingesetzt werden, ohne dass eine besondere Qualifikation erforderlich ist. Wegen der erheblichen gesundheitlichen Risiken solcher Anwendungen soll beispielsweise das Entfernen von Tätowierungen mittels Laser künftig nur noch von Fachärzten vorgenommen werden.

Die Maßgaben bzw. Änderungen zielen überwiegend darauf ab, den Vollzug der Verordnung zu erleichtern und ihre Praktikabilität für den Anwender zu erhöhen.

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