1025. Bundesratssitzung vom 7. Oktober 2022
Wichtigste Themen: Energiesicherheitsgesetz + KiTa-Qualitätsgesetz + Zivil- und Katastrophenschutz + Gesundheitskarte für Heilfürsorge- und Beihilfeberechtigte + Steuerliche Erleichterungen für Gastronomie, Brauereien und Landwirtschaft + Umsatzsteuererleichterung Gaslieferungen +BAföG + Kurzarbeitergeld + Triage + Heizkostenzuschuss
Zur vollständigen Tagesordnung einschließlich aller Drucksachen, Beschlüsse usw. dieser Bundesratsplenarsitzung:
Hier finden Sie das Abstimmungsverhalten des Freistaates Sachsen und die Abstimmungsergebnisse aus der 1025. Sitzung des Bundesrates.
Der Bundesrat hat dem Zweiten Gesetz zur Änderung des Energiesicherungsgesetzes und anderer energiewirtschaftlicher Vorschriften mit den Stimmen Sachsens zugestimmt und eine begleitende Entschließung gefasst.
Ministerpräsident Kretschmer sprach zu dem Gesetz im Bundesratsplenum und kritisierte die Bundesregierung deutlich für ihr zögerliches und verspätetes Handeln in der Energiekrise. Es müssten jetzt schnell konkrete Entlastungsschritte für die Bürgerinnen und Bürger aber auch für die Unternehmen umgesetzt werden. Dafür brauche es jetzt eine rasche Einigung des Bundes mit den Ländern zu einem abgestimmten Vorgehen. Ohne die notwendige Planungssicherheit drohe Deutschland eine Deindustrialisierung durch hohe Energiepreise.
Die angespannte Lage auf den Energiemärkten hat sich infolge des völkerrechtswidrigen Angriffskrieges Russlands gegen die Ukraine verschärft, so dass zahlreiche Vorsorgemaßnahmen zur Sicherung der Energieversorgungssicherheit in Deutschland erforderlich sind. Vor diesem Hintergrund wird das Energiesicherungsgesetz angepasst sowie um weitere energierechtliche Vorschriften in einem sogenannten Artikelgesetz ergänzt. So enthält das Gesetz Änderungen am Energiesicherungsgesetz, dem Erneuerbare-Energien-Gesetz, dem Energiewirtschaftsgesetz, dem Netzausbaubeschleunigungsgesetz Übertragungsnetz und dem LNG-Beschleunigungsgesetz sowie dem Bundes-Immissionsschutzgesetz, dem Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz und dem Baugesetzbuch.
Die dritte Novelle des Energiesicherungsgesetzes verfolgt damit in großen Teil das Ziel, die Stromerzeugung aus Biogas sowie aus Photovoltaik und Windenergie kurzfristig zu erhöhen. Weiterhin sind Maßnahmen im Strombereich wichtiger Teil des Gesetzespakets, welches zur Reduzierung des Gasverbrauchs in den Winterhalbjahren 2022/23 sowie 2023/24 beitragen soll. Zudem wird die Anlandung und Einspeisung von verflüssigtem Gas (LNG) im Winter 2022/23 regelungstechnisch abgesichert.
So soll kurzfristig für die Jahre 2022 bis 2024 eine Sonderregelung für die EEG-Förderung von Biogasanlagen geschaffen werden. Dies schafft in der aktuellen Energiekrise einen vorübergehenden Anreiz, dass die Stromerzeugung aus Biogas gesteigert wird und damit in diesem Umfang auf die Verstromung von Erdgas verzichtet werden kann. Zudem wird eine befristete Flexibilisierung des Güllebonus geregelt. Mit der Flexibilisierung des Güllebonus soll den Anlagenbetreibern das Risiko genommen werden, dass sie den Güllebonus verlieren.
Weiterhin umfassen einige Änderungen den Photovoltaikbereich. So wird per 15. Januar 2023 eine Krisensonderausschreibung für Solaranlagen des ersten Segments mit einem Volumen von 1500 MW eingeführt. Diese soll kurzfristig zusätzliche Ausbaupotentiale im Bereich der Solarenergie heben, um eine Verminderung des Gasverbrauchs in der Stromerzeugung zu ermöglichen. Zusätzlich dazu wird die sogenannte 70-Prozent-Regelung ab dem 1. Januar 2023 bei Photovoltaik-Bestandsanlagen bis einschließlich 7 kW installierter Leistung aufgehoben. Bei PV-Anlagen mit einer installierten Leistung über 7 kW bleibt es bei dem bereits im Gesetz angelegten Übergangspfad, mit dem diese Regelung ab Einbau eines intelligenten Messsystems ausläuft.
Hinzu kommen Änderungen im Energiewirtschaftsgesetz, schwerpunktmäßig zur Beschleunigung des Stromnetzausbaus, zur Erhöhung der Transportkapazitäten des bestehenden Stromnetzes (Höherauslastung), zur Erleichterung bei der Errichtung sowie für die bessere Auslastung der Offshore-Anbindungsleitungen und zur Verbesserung der Nutzung von LNG-Anlagen sowie der Möglichkeiten zur Lastflexibilität industrieller Großverbraucher.
Mit weiteren Änderungen im LNG-Beschleunigungsgesetz stehen Verfahrenserleichterungen für die Belieferung von Flüssiggas (LNG) nach Deutschland im Fokus, um eine möglichst große Gaseinspeisung an den geplanten Standorten Brunsbüttel, Lubmin und Wilhelmshaven noch im Winter 2022/23 abzusichern.
Der Bundesrat hat zum Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Weiterentwicklung der Qualität und zur Teilhabe in der Kindertagesbetreuung (KiTa-Qualitätsgesetz) kritisch Stellung genommen. Der Freistaat Sachsen hat Teile der Stellungnahme unterstützt.
Mit dem Gesetzentwurf soll das KiTa-Qualitäts- und Teilhabeverbesserungsgesetz (das sogenannte »Gute-Kita-Gesetz«) auf Grundlage der Empfehlungen der Evaluation weiterentwickelt werden.
Im Vergleich zum Vorgängergesetz erfolgt eine stärkere Fokussierung auf Maßnahmen der Qualitätsentwicklung. Neue Maßnahmen zur Entlastung der Eltern bei den Beiträgen dürfen nicht begonnen, bereits begonnene jedoch fortgesetzt werden. Zur Weiterentwicklung der Qualität werden Handlungsfelder von vorrangiger Bedeutung eingeführt und zusätzlich um das Handlungsfeld 6 (Förderung der kindlichen Entwicklung, Gesundheit, Ernährung und Bewegung), das Handlungsfeld 7 (Förderung der sprachlichen Bildung) und das Handlungsfeld 8 (Stärkung der Kindertagespflege) ergänzt. Durch die Änderung werden die Länder verpflichtet, ab 2023 neue Maßnahmen ausschließlich in diesen Handlungsfeldern zu ergreifen.
Über das Handlungsfeld 7 kann die sprachliche Bildung im Rahmen dieses Gesetzes weiter gefördert werden. Dagegen soll das Bundesprogramm »Sprach-Kitas« zum Jahresende auslaufen. Der Bundesrat hatte in seiner Sitzung am 16. September 2022 in einer einstimmig angenommenen Entschließung die Fortführung des Programms gefordert.
Der Gesetzentwurf enthält außerdem – im Gegensatz zur Kann-Regelung im »Gute-Kita-Gesetz« – nunmehr eine bundesweite Pflicht zur Staffelung der Elternbeiträge nach vorgegebenen sozialen Kriterien. Das bewährte Staffelungsmodell im Freistaat Sachsen nach Betreuungszeit, Anzahl von Geschwisterkindern mit Kitabesuch und Alleinerziehenden wäre damit nicht mehr vereinbar. Es müssten anspruchsvolle und aufwändige Rechtsgrundlagen geschaffen werden und es droht ein enormer Verwaltungsmehraufwand. Zudem ist von Mindereinnahmen auszugehen. Deshalb hat der Freistaat Sachsen einen Teil der Stellungnahme des Bundesrates unterstützt, den dieser einstimmig gefasst hat. In diesem wird kritisiert, dass diese Regelung unverhältnismäßig in die Länderzuständigkeit und dass Selbstverwaltungsrecht der Kommunen eingreift.
Der sächsische Kultusminister Christian Piwarz hat in einer Rede diesen für Sachsen wichtigen Punkt besonders betont.
Der Bundesrat hat die von Sachsen-Anhalt, Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Schleswig-Holstein und Sachsen eingebrachte Entschließung zur nachhaltigen Stärkung des Zivil- und Katastrophenschutzes durch den Bund beschlossen.
Mit der Entschließung wird die Bundesregierung auf einen dringenden Mehrbedarf an Kapazitäten, Versorgungsmaßnahmen und Strukturen im Bereich des Zivil- und Katastrophenschutzes aufmerksam gemacht. Der Schutz der Bevölkerung muss oberste Priorität haben. Hierfür sei neben der Stärkung der Bundeswehr und den dort vorgesehenen Investitionen von 100 Mrd. Euro eine nachhaltige und sektorübergreifende Stärkung des Bevölkerungsschutzes zwingend erforderlich.
Der Bundesrat verlangt mit der Entschließung deshalb eine Anerkennung der sich geänderten sicherheitspolitischen Lage. Die Zuständigkeit des Zivilschutzes obliegt nach Art. 73 Abs. 1 Nr. 1 GG dem Bund. In Anbetracht des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine, den künftigen Auswirkungen des Klimawandels, Mehrfachlagen und hybriden Bedrohungen müsse der Bund dringend Maßnahmen ergreifen. Der Bundesrat sieht hierbei Investitionen in Höhe von 10 Mrd. EUR über zehn Jahre im Rahmen eines »Stärkungspakt Bevölkerungsschutz« als notwendig an. Damit sollen Kapazitäten, Ressourcen und Versorgungsmaßnahmen mittel- und langfristig erhöht werden. Darüber hinaus sollen Strukturen geschaffen bzw. wiederaufgebaut werden. Wichtig seien zudem die Verbesserung des Krisenmanagements von Bund und Ländern, Maßnahmen zur Digitalisierung und der Aufbau nationaler Reserven. Durch Präventionskampagnen sollen Gefahrenbewusstsein und Selbsthilfefähigkeiten der Bevölkerung gestärkt werden.
Die Entschließung wird nun der Bundesregierung zugeleitet. Diese entscheidet, ob und wann sie sich damit befasst. Feste Fristen gibt es hierfür nicht.
Der Freistaat Sachsen hat eine Initiative zur Einführung einer elektronischen Gesundheitskarte für Heilfürsorge- und Beihilfeberechtigte in den Bundesrat eingebracht.
Ziel des Entwurfs ist die Ausgabe einer elektronischen Gesundheitskarte (seit 2015 Norm für gesetzl. Krankenversicherte) an Heilfürsorge- und Beihilfeberechtigte. Ebenfalls soll für diese Gruppen die Einführung einer elektronischen Patientenakte ermöglicht werden. Die elektronische Gesundheitskarte dient dabei der Verbesserung der Wirtschaftlichkeit, der Qualität und der Transparenz der Versorgung. Die elektronische Patientenakte ist darauf ausgelegt, Dokumente zu Behandlungen, Therapien, anamnestische Informationen oder Befunde an einer Stelle digital zusammenzuführen und für die Behandlung verfügbar zu machen.
Die Heilfürsorge stellt als sonstiger Kostenträger eine Krankenkasse insbesondere für die Beamtinnen und Beamten der Fachrichtung Polizei, der Fachrichtung Polizei beim Verfassungsschutz sowie der Fachrichtung Feuerwehr dar und nimmt als solche am Abrechnungssystem der gesetzlichen Krankenkassen über die Kassenärztliche Vereinigung Sachsen teil. Aktuell benutzen Heilfürsorgeberechtigte das Vorgängermodell der elektronischen Gesundheitskarte, die nicht in die Telematikinfrastruktur einbezogen ist. Diese Karte wird in Arztpraxen zwar akzeptiert, führt in der Abrechnung aufgrund von Software-Akzeptanzproblemen aber zu höheren Kosten. Seit Ende 2020 kann die Bundespolizei bereits die elektronische Gesundheitskarte an die Beamtinnen und Beamten ausgeben. Grundlage dafür sind Änderungen im Patientendaten-Schutz-Gesetz. Diese Möglichkeit soll nun auch für Heilfürsorge- und Beihilfeberechtigte eröffnet werden. Für Kosten von insgesamt 20 EUR pro Person soll dies als neuer Zusatz in § 362 SGB V verankert werden.
Die Entschließung wurde zur Beratung in die Ausschüsse verwiesen.
Der Bundesrat hat dem Gesetz zur temporären Senkung des Umsatzsteuersatzes auf Gaslieferungen über das Erdgasnetz mit den Stimmen Sachsens zugestimmt.
Das Gesetz sieht eine befristete Senkung des Umsatzsteuersatzes auf Gas vor. Vom 1. Oktober 2022 bis 31. März 2024 beträgt diese statt 19 nur 7 Prozent. Unternehmen sollen die Senkung vollständig an die Verbraucherinnen und Verbraucher weitergeben, um diese von den hohen Energiekosten zu entlasten. Die Senkung der Umsatzsteuer war ursprünglich als Ausgleich zur Gasumlage gedacht. Diese war jedoch von der Bundesregierung gestoppt worden.
Der Bundestag hatte das Gesetz erst in der letzten Woche beschlossen. Im Bundesrat wurde es fristverkürzt behandelt. Im Laufe der Beratungen hat der Bundestag dem Gesetz noch einen Passus über eine steuerfreie Inflationsausgleichsprämie hinzugefügt.
Demnach sind Zahlungen der Arbeitgeber an die Beschäftigten zum Ausgleich der hohen Inflation bis zu einer Höhe von 3.000 Euro von der Steuer- und Sozialabgabenpflicht befreit. Sie werden beim Bezug von Sozialleistungen nach dem SGBII nicht als Einkommen bewertet.
Mit dem Gesetz werden im Wesentlichen die Verbrauchsteuersystemrichtlinie und die Alkoholstrukturrichtlinie in nationales Recht umgesetzt. Im Bundestagsverfahren wurden mehrere Regelungen ergänzt, mit denen Gastronomie und mittelständische Brauereien entlastet werden und die Energieversorgung stabilisiert werden soll.
So enthält das Gesetz die folgenden Änderungen:
- Die Regelung zur Reduzierung der Biersteuerstaffelsätze innerhalb der Biersteuermengenstaffel bleibt dauerhaft in Kraft. Außerdem befreit das Gesetz Bierwürze, die zur Herstellung von alkoholsteuerpflichtigen Waren verwendet wird, von der Biersteuer.
- Der ermäßigte Umsatzsteuersatz für die Gastronomie wird um ein Jahr, bis zum 31.12.2023, verlängert. Sonst wäre die in der Corona-Pandemie eingeführte Stützungsmaßnahme für die Gastronomie Ende 2022 ausgelaufen.
- Die Vorsteuerpauschale in der Landwirtschaft wird von 9,5 % auf 9,0 % gesenkt.
- Außerdem wird der Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) befugt, der KfW Darlehen zur Refinanzierung der Zuweisungsgeschäfte der Energiewirtschaft zu gewähren. Dazu gehören Transaktionen zur Stabilisierung der Energieversorgung, insbesondere zum Auffüllen der Gasspeicher und zum Ausbau der Infrastruktur für Flüssiggas. Gesetzliche Kreditermächtigungen sollen die Liquidität der KfW sichern und Sicherheitsanforderungen an Gas- und Strommärkten bedienen.
Der Bundesrat hat dem 28. BAföG-Änderungsgesetz im 2. Durchgang mit den Stimmen Sachsens zugestimmt.
Das Gesetz ermächtigt die Bundesregierung, den Kreis der BAföG-Berechtigten künftig per Rechtsverordnung auszuweiten – auch auf Personen, die normalerweise nicht bezugsberechtigt sind. Voraussetzung ist eine bundesweite Notlage, die erhebliche Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt für studentische oder ausbildungsbegleitende Nebenjobs hat. Während der Lockdowns in der Covid-19-Pandemie waren zahlreiche Nebenerwerbsmöglichkeiten für Studierende weggebrochen, was die Studien- und Ausbildungsfinanzierung zusätzlich erschwerte.
Die Länder hatten im 1. Durchgang keine Einwände gegen den Gesetzentwurf erhoben. Der Bundestag hatte lediglich einige technische Änderungen am Gesetz vorgenommen.
Die Novelle soll zum 1. November 2022 in Kraft treten.
Der Bundesrat hat zum Gesetz zur Anpassung der Verordnungsermächtigungen beim Kurzarbeitergeld und anderer Regelungen entschieden, den Vermittlungsausschuss nicht anzurufen. Auch der Freistaat Sachsen hat dieses Votum unterstützt.
Die Vorlage sieht vor, dass vor dem Hintergrund der großen Unwägbarkeiten der nächsten Wochen und Monate die Bundesregierung über den 30. September 2022 hinaus Sonderregelungen zum Kurzarbeitergeld durch Verordnung erlassen kann. Daher sollen die zur Bewältigung der Pandemie geschaffenen Verordnungsermächtigungen in Bezug auf das Kurzarbeitergeld, die bis zum 30. September 2022 befristet waren, zusammengefasst, in ihren Voraussetzungen vereinheitlicht und verlängert werden.
Konkret sollen die Verordnungsermächtigungen zur Schaffung von Zugangserleichterungen und für die (teilweise) Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge bis Mitte 2023 verlängert werden. Außerdem sollen die Verordnungsermächtigungen so ausgeweitet werden, dass der Bundesagentur für Arbeit Vereinfachungen bei den Prüfungen der Anspruchsvoraussetzungen ermöglicht werden können. Das betrifft die Möglichkeit des Verzichts auf den Einsatz von Arbeitszeitguthaben und Urlaub zur Vermeidung von Kurzarbeit sowie die Möglichkeit für Betriebe, die Anzeige für Kurzarbeit auch erst im Folgemonat vorzunehmen. Darüber hinaus wird eine bis zum 30. Juni 2023 befristete Verordnungsermächtigung für die Möglichkeit des anrechnungsfreien Hinzuverdiensts durch Aufnahme eines Minijobs während der Kurzarbeit geschaffen. Schließlich soll die Verordnungsermächtigung zur Öffnung des Kurzarbeitergelds für Leiharbeitnehmer bis Mitte 2023 verlängert werden.
Der Gesetzentwurf war von den Koalitionsfraktionen der Ampel in den Bundestag eingebracht und am 29. September 2022 im Bundestag abschließend beraten worden. Mit der Entscheidung des Bundesrates, den Vermittlungsausschuss zu dem Gesetz nicht anzurufen, hat der Bundesrat auch mit Beteiligung des Freistaats Sachsen den Weg für das Inkrafttreten der Regelungen eröffnet.
Der Bundesrat hat zum Zweiten Gesetz zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes Stellung genommen. Der Freistaat Sachen hat Teile der Stellungnahme unterstützt.
Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 16. Dezember 2021 entschieden, dass sich aus Artikel 3 Abs. 3 Satz 2 des Grundgesetzes für den Staat ein Auftrag ergibt, Menschen wirksam vor einer Benachteiligung wegen ihrer Behinderung durch Dritte zu schützen. Dieser Schutzauftrag kann sich in bestimmten Konstellationen ausgeprägter Schutzbedürftigkeit zu einer konkreten Schutzpflicht verdichten. Dazu gehören auch Situationen, wenn auf Grund einer übertragbaren Krankheit überlebenswichtige intensivmedizinische Behandlungskapazitäten nicht ausreichend vorhanden sein sollten und daher das Risiko bestünde, dass Menschen bei der Zuteilung dieser knappen Ressourcen wegen einer Behinderung benachteiligt werden könnten.
Zur Umsetzung des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts, und um die Schutzpflicht zu erfüllen, soll ein neuer § 5c in das Infektionsschutzgesetz aufgenommen werden. Dieser regelt sowohl ein materielles Zuteilungskriterium, nämlich die »aktuelle und kurzfristige Überlebenswahrscheinlichkeit«, als auch ein Verfahren für die Zuteilungsentscheidung, ein Mehraugenprinzip mit Festlegungen zur erforderlichen Qualifikation der beteiligten Ärzte, die Erforderlichkeit, in bestimmten Fällen weitere Fachexpertise hinzuziehen, Dokumentationserfordernisse und die verpflichtende Erstellung von Verfahrensanweisungen in den Krankenhäusern.
Ziel der Regelung ist:
- die Gewährleistung des gleichberechtigten Zugangs aller intensivmedizinisch behandlungsbedürftigen Patientinnen und Patienten zur medizinischen Versorgung,
- der Ausschluss von Diskriminierung,
- Rechtssicherheit für Ärztinnen und Ärzte.
Bereits zugeteilte überlebenswichtige intensivmedizinische Behandlungskapazitäten werden nach dem Gesetzentwurf ausdrücklich von der Zuteilungsentscheidung ausgenommen (Verbot der sogenannten Ex-post-Triage). In seiner Stellungnahme bittet der Bundesrat den Bund, zu erläutern warum er die Ex-post-Triage in dem Gesetz ausgeschlossen hat. Dieser Bitte hat sich der Freistaat Sachsen angeschlossen.
Der Bundesrat hat zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Heizkostenzuschussgesetzes und des Elften Buches Sozialgesetzbuch keine Einwendungen erhoben. Der Freistaat Sachsen hat dieses Votum unterstützt.
Wegen der im Jahr 2022 zu erwartenden Mehrbelastungen bei den Heizkosten sieht der Gesetzentwurf die Auszahlung eines zweiten Heizkostenzuschusses vor. Von diesem sollen alle Haushalte profitieren, die in mindestens einem Monat im Zeitraum vom 1. September 2022 bis zum 31. Dezember 2022 wohngeldberechtigt sind. Zudem sollen wie beim ersten Heizkostenzuschuss auch die Empfängerinnen und Empfänger von Leistungen nach dem BAföG sowie von Ausbildungs- und Berufsausbildungsbeihilfen profitieren, wenn die Leistungsberechtigung für mindestens einen Monat im maßgeblichen Zeitraum von 1. September 2022 bis 31. Dezember 2022 bestand. Der zweite Heizkostenzuschuss soll wohngeldberechtigten Haushalten gestaffelt nach der Haushaltsgröße ausgezahlt werden. Die Empfängerinnen und Empfänger von Leistungen nach dem BAföG und von Ausbildungs- und Berufsausbildungsbeihilfen sollen einen pauschalen Heizkostenzuschuss erhalten.
Insgesamt sollen rund 660.000 wohngeldbeziehende Haushalte, rund 372.000 Geförderte nach dem BAföG, rund 81.000 Geförderte mit Unterhaltsbeitrag nach dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz sowie rund 100.000 Personen, die Berufsausbildungsbeihilfe oder Ausbildungsgeld beziehen vom zweiten Heizkostenzuschuss profitieren. Damit soll eine besonders hohe Zielgenauigkeit im Bereich der einkommensschwächeren Haushalte erreicht werden. Für die Berechtigten ist ein gesonderter Antrag nicht erforderlich, der zweite Heizkostenzuschuss wird von Amts wegen geleistet.