26.11.2021

1012. Bundesratssitzung vom 26. November 2021

Wichtigste Themen: Ganztagsbetreuung + Warn-SMS im Katastrophenfall + Opferrenten + Druckfarben + Europäische Agentur für Grundrechte

Zur vollständigen Tagesordnung einschließlich aller Drucksachen, Beschlüsse usw. dieser Bundesratsplenarsitzung:

Hier finden Sie das Abstimmungsverhalten des Freistaates Sachsen und die Abstimmungsergebnisse aus der 1012. Sitzung des Bundesrates.

Der Freistaat Sachsen hat gemeinsam mit anderen Ländern einen Gesetzesantrag für ein Ganztagsfinanzierungsanpassungsgesetz in den Bundesrat eingebracht. Die antragstellenden Länder hatten die Aufsetzung auf die Tagesordnung der Bundesratssitzung sowie die Herbeiführung einer sofortigen Sachentscheidung beantragt. Der Bundesrat hat beidem zugestimmt. Im Folgenden wird sich der Bundestag mit der Vorlage befassen.

Der Gesetzesantrag sieht eine Verlängerung der Frist für den Mittelabfluss für die sogenannten Beschleunigungsmittel für den Ganztagsausbau um ein Jahr bis zum 31.12.2022 vor. Hintergrund ist, dass der Bund den Ländern 750 Mio. Euro als Beschleunigungsmittel für den Ausbau der Ganztagsbetreuung zur Verfügung stellt. Laut Verwaltungsvereinbarung, die Bund und Länder in diesem Zusammenhang geschlossen haben, ist die Frist zum Mittelabschluss bisher auf den 31. Dezember dieses Jahres datiert. Allerdings, so argumentieren die Antragsteller, führe die angespannte Marktlage im Bausektor infolge der Covid-19-Pandemie zu erheblichen Verzögerungen bei der Umsetzung von Bauvorhaben. Insofern sei es den Ländern nicht möglich, die Mittel bis zum 31.12.2021 abzurufen. Daher soll die Frist um ein Jahr verlängert werden, um den Ländern in dieser besonderen Ausnahmesituation mehr Zeit zu geben, die Mittel abzurufen, und um zu verhindern, dass Schulträger, die bereits Aufträge erteilt haben, die entstehenden Kosten selbst tragen müssen.

Der Bundesrat hat der »Verordnung zur Änderung von Rechtsvorschriften zur Durchführung des Bundesentschädigungsgesetzes« mit den Stimmen Sachsens zugestimmt.

Nach dem Bundesentschädigungsgesetz (BEG) haben Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung, die aus Gründen politischer Gegnerschaft gegen den Nationalsozialismus oder aus Gründen der Rasse, des Glaubens oder der Weltanschauung durch nationalsozialistische Gewaltmaßnahmen verfolgt worden sind und hierdurch Schaden an Leben, Körper, Gesundheit, Freiheit, Eigentum, Vermögen, im beruflichen oder wirtschaftlichen Fortkommen erlitten haben, Ansprüche auf Entschädigung. Die Entschädigungsleistungen orientieren sich dabei an der Entwicklung der Bundesbeamtenbesoldung. Die Durchführung des BEG ist den zehn Altbundesländern und Berlin übertragen. Mit der vorliegenden Änderungs-VO sollen die Entschädigungsrenten ab 1. Januar 2022 rückwirkend zum 1. September 2021 um 3,1 Prozent erhöht werden.

In der ehemaligen DDR bekamen »Kämpfer gegen den Faschismus und Verfolgte der Nazizeit« eine sogenannte Ehrenpension. Diese wurde nach dem 1.1.1992 durch die sog. Entschädigungsrente nach dem Entschädigungsrentengesetz abgelöst, die aus Bundesmitteln finanziert wird. Gem. § 2 Abs. 3 Entschädigungsrentengesetz wird die Entschädigungsrente im selben Umfang erhöht, wie die Renten nach dem Bundesentschädigungsgesetz.

Einstimmig hat der Bundesrat der Verordnung zugestimmt, die die Aussendung öffentlicher Warnungen in Mobilfunknetzen regelt. Damit kann die Bevölkerung vor größeren Notfällen, wie bei den Hochwasserkatastrophen in diesem Sommer, rechtzeitig informiert werden.

Die Mobilfunkdiensteanbieter werden durch die beschlossene Verordnung verpflichtet, im notwendigen Umfang an der Aussendung der Warnungen mitzuwirken. Ziel dieser Verpflichtungen ist es, die Warninfrastruktur mit Hilfe des sogenannten Cell Broadcast (CB) um ein reichweitenstarkes Warnmittel zu ergänzen. Mit einer Warnung über CB können alle Mobilfunkteilnehmer, die mit einem für CB empfangsbereiten Mobilfunkendgerät in einer Mobilfunkzelle eingebucht sind, erreicht werden.

Auf die Mobilfunkdiensteanbieter kommen zudem zusätzliche Informationspflichten zu. Das betrifft die grundsätzliche Information der Endnutzer über die Möglichkeit der Aussendung öffentlicher Warnungen. Dies ist insbesondere in der Anfangszeit nach der Implementierung des Systems in den Mobilfunknetzen wichtig, um die Endnutzer mit diesem neuen Warnmittel vertraut zu machen. Die Information durch die Anbieter hat bei Vertragsschluss sowie in der Folgezeit mindestens einmal jährlich zu erfolgen.

Der Bundesrat hat dem Gesetzentwurf zum Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 168/2007 zur Errichtung einer Agentur der Europäischen Union für Grundrechte mit den Stimmen Sachsens zugestimmt.

Die Europäische Kommission legte den Verordnungsvorschlag zur Errichtung einer Agentur der Europäischen Union für Grundrechte am 5. Juni 2020 vor. Dieser präzisiert den Tätigkeitsbereich der Agentur und nimmt die notwendigen Anpassungen vor, die sich aus dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon ergeben. Dazu gehört insbesondere die Erweiterung des Tätigkeitsbereichs der Agentur auf den Bereich der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen.

Der Rat beriet den Vorschlag unter deutscher und portugiesischer Präsidentschaft und einigte sich am 28. Juni 2021 auf eine allgemeine Ausrichtung. Das Europäische Parlament hat dem Vorschlag in dieser Fassung am 6. Juli 2021 zugestimmt. Der Vorschlag soll nunmehr durch den Rat beschlossen werden.

Aufgrund der Rechtsgrundlage des Artikels 352 AEUV kann der deutsche Vertreter im Rat dem Vorschlag nach dem Integrationsverantwortungsgesetz erst dann zustimmen, wenn zuvor ein entsprechendes zustimmungsbedürftiges Gesetz nach Artikel 23 Absatz 1 GG in Kraft getreten ist. Diese Voraussetzung soll mit dem Gesetzentwurf geschaffen werden.

Der Bundesrat hat der Einundzwanzigsten Verordnung zur Änderung der Bedarfsgegenständeverordnung unverändert zugestimmt. Der Freistaat Sachsen hätte eine längere Übergangsfrist für notwendig erachtet. Aus diesem Grund hat er sich zum Votum enthalten. 

Mit der Verordnung wird eine Positivliste von Stoffen eingeführt, die in Druckfarben für sogenannte Lebensmittelbedarfsgegenstände, also beispielsweise Lebensmittelverpackungen, verwendet werden dürfen. Dabei werden auch Höchstmengen definiert, die von den Druckfarben auf die Lebensmittel übergehen dürfen.

Hintergrund der Verordnung ist, dass die in Druckfarben für Lebensmittelbedarfsgegenstände verwendeten Chemikalien auf Lebensmittel und damit auf den Menschen übergehen können. Untersuchungen im Rahmen der amtlichen Lebensmittelüberwachung haben gezeigt, dass Lebensmittel auf dem deutschen Markt häufig mit Druckfarbbestandteilen in gesundheitlich nicht mehr vertretbaren Mengen belastet sind. Laut Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) können die nachgewiesenen Gehalte bestimmter Stoffe, wie z.B. Benzophenon, Schädigungen an Organen hervorrufen und Krebs verursachen. Zudem wurden durch die Länder weitere Druckfarbchemikalien mit unbekanntem toxikologischem Wirkungspotential in Lebensmitteln nachgewiesen, bei denen daher nach Auffassung des BfR ein gesundheitliches Risiko nicht ausgeschlossen werden kann.

Der federführende Fachausschuss im Bundesrat, der Ausschuss für Agrar und Verbraucherschutz, hat dem Bundesrat empfohlen, der Verordnung ohne Änderungen zuzustimmen. Gleiches gilt für den mitberatenden Umweltausschuss des Bundesrates.

Der mitberatende Wirtschaftsausschuss im Bundesrat hat dem Bundesrat empfohlen, der Verordnung nach Maßgabe zuzustimmen, wonach die vorgesehene Übergangsfrist für die neuen Regelungen von 48 auf 72 Monate verlängert werden soll. Der Bundesrat ist dieser Empfehlung jedoch nicht gefolgt und hat der Verordnung ohne Änderungen zugestimmt. Darüber hinaus hat der Bundesrat eine Entschließung gefasst, in der er die Bundesregierung mit den Stimmen Sachsens auffordert, sich für eine einheitliche europäische Regelung einzusetzen.

Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union haben Anfang 2021 einen neuen strategischen Rahmen für die europäische Zusammenarbeit auf dem Gebiet der allgemeinen und beruflichen Bildung mit Blick auf den europäischen Bildungsraum und darüber hinaus für die Zeit bis 2030 verabschiedet (»ET 2030«). Im Rahmen der »Offenen Methode« der Koordinierung arbeiten die Mitgliedstaaten in thematischen Arbeitsgruppen zusammen, um ihre Bildungspolitiken zu verbessern, bewährte Verfahren auszutauschen und voneinander zu lernen.

Die Arbeitsgruppen der neuen Generation im Rahmen von ET 2030 ersetzen und strukturieren die Arbeitsgruppen der vorangegangenen Generation inhaltlich neu. Sachsen stellt dabei erneut den deutschen Ländervertreter in der AG »Hochschulbildung«.

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