05.11.2021

1010. Bundesratssitzung vom 5. November 2021

Wichtigste Themen: Melderegisterauskunft + Wildtierimporte + Wiederaufbau Energieanlagen nach Naturkatastrophen + Heizkostenverordnung + Wasserstoffinfrastruktur + Eisenbahninfrastrukturbeirat

Zur vollständigen Tagesordnung einschließlich aller Drucksachen, Beschlüsse usw. dieser Bundesratsplenarsitzung:

Hier finden Sie das Abstimmungsverhalten des Freistaates Sachsen und die Abstimmungsergebnisse aus der 1010. Sitzung des Bundesrates.

Der Bundesrat hat mit den Stimmen Sachsens beschlossen, dass die Geschäftsordnungen für den Vermittlungsausschuss, für den Gemeinsamen Ausschuss und für das Verfahren nach Artikel 115d des Grundgesetzes für die 20. Wahlperiode unverändert übernommen werden.

Mit dem Zusammentritt des 20. Deutschen Bundestages konstituieren sich der Vermittlungsausschuss und der Gemeinsame Ausschuss neu. Hierdurch wird es notwendig, dass eine gemeinsame Geschäftsordnung beschlossen wird. Gleiches gilt für die Geschäftsordnung für das Verfahren nach Artikel 115d des Grundgesetzes, welches die Gesetzgebung im Verteidigungsfall regelt.

Der Vermittlungsausschuss ist ein Instrument der politischen Kompromissfindung im Gesetzgebungsverfahren. Seine Aufgabe ist es, die unterschiedlichen Vorstellungen von Bundestag und Bundesrat hinsichtlich eines umstrittenen Gesetzgebungsvorhabens zum Ausgleich zu bringen. Der Vermittlungsausschuss ist ein für die Dauer einer Wahlperiode des Bundestages eingesetzter ständiger Ausschuss. Jeweils zu Beginn einer neuen Wahlperiode muss sich der Vermittlungsausschuss daher neu konstituieren. Die Geschäftsordnung des Ausschusses wird zuvor jeweils erneut vom Bundestag und Bundesrat gemäß Artikel 77 Absatz 2 Satz 2 des Grundgesetzes beschlossen. Außerdem bestimmen beide Seiten jeweils neu über die von ihnen in den Vermittlungsausschuss zu entsendenden Mitglieder.

Der Gemeinsame Ausschuss hingegen nimmt im Verteidigungsfall die Rechte von Bundestag und Bundesrat wahr, wenn dem rechtzeitigen Zusammentreten des Bundestages unüberwindliche Hindernisse entgegenstehen oder dieser nicht beschlussfähig ist. Auch die Feststellung des Verteidigungsfalles obliegt unter den gleichen Voraussetzungen dem Gemeinsamen Ausschuss. Der Gemeinsame Ausschuss besteht aus 32 vom Bundestag aus seiner Mitte bestimmten Abgeordneten und 16 Mitgliedern des Bundesrates. Die Abgeordneten werden vom Bundestag entsprechend dem Stärkeverhältnis der Fraktionen bestimmt, sie dürfen nicht der Bundesregierung angehören. Auf Seite des Bundesrates bestellt jedes Land ein Mitglied. Diese Mitglieder sind nicht an Weisungen gebunden.

Der Bundesrat hat der Einführung einer Wasserstoffnetzregulierung mit den Stimmen Sachsens zugestimmt. Mit der Verordnung wird ein weiteres wichtiges Element der Nationalen Wasserstoffstrategie umgesetzt.

Ziel der Verordnung ist es, durch die Schaffung der benötigten Rechts- und Planungssicherheit Wettbewerb durch diskriminierungsfreien Netzzugang für alle potenziellen Netznutzer im Wasserstoffmarkt zu ermöglichen. Sie regelt im Einzelnen, wie die Kosten eines Wasserstoffnetzes ermittelt werden, die auf die Netzentgelte umgelegt werden dürfen. Ebenso wird die Verzinsung des eingesetzten Eigenkapitals festgelegt. Aufgrund fehlender Erfahrungen soll dabei eine gegenüber Gas und Strom höhere Eigenkapitalverzinsung gewährt werden.

Die Wasserstoff-Netzentgeltverordnung gilt für alle Betreiber von Wasserstoffnetzen und fällt in die Zuständigkeit der Bundesnetzagentur. Sie ist im Übrigen eine Übergangsregelung, bis auf EU-Ebene der gerade in Arbeit befindliche Rechtsrahmen feststeht.

Der Bundesrat hat mit den Stimmen des Freistaates Sachsen eine Bundesratsinitiative zur Änderung des Meldegesetzes beschlossen. Der Gesetzentwurf wird nun der Bundesregierung zugeleitet, die eine Stellungnahme dazu verfasst und anschließend beide Dokumente dem Deutschen Bundestag zur Entscheidung vorlegt. Feste Fristvorgaben gibt es hierfür nicht.

Der Gesetzentwurf geht auf eine Initiative des Landes Nordrhein-Westfalen zurück und ändert die Voraussetzungen für eine Melderegisterauskunft. Damit sollen diese Daten besser vor missbräuchlichen Auskunftsersuchen geschützt werden. Dies wiederum soll den Schutz von Ehrenamtlichen und Rettungskräften verbessern.

Hierfür wird in § 44 BMG, die sog. einfache Melderegisterauskunft, Abs. 3 neu gefasst. Dafür verlangt § 44 Abs. 3 Nr. 2 BMG-E, dass bei Anforderung einer Melderegisterauskunft die Angabe einer früheren Adresse oder eines berechtigten Interesses an dem Auskunftsersuchen glaubhaft vorgetragen wird. Neu ist ebenfalls § 44 Abs. 3 Nr. 4 BMG-E, wonach die Identität des Antragstellers sowie die der Auskunft begehrenden Person offen zu legen sind. Im Rahmen des Gesetzesentwurfs wird zudem die automatisierte Melderegisterauskunft aus § 49 Abs. 4 BMG-E dem § 44 Abs. 3 BMG-E angepasst, mit dem Unterschied, dass die Möglichkeit des glaubhaften Vortragens eines berechtigten Interesses dabei nicht besteht. Abgerundet wird der Entwurf durch die Neufassung von § 58 BMG-E, wonach §§ 44 Abs. 3 S. 1 und 49 Abs. 4 S. 1 BMG-E nach vier Jahren zu evaluieren sind.

Der Innen- und Rechtsausschuss haben sich zudem mehrheitlich für das Einbringen des Gesetzentwurfs nach Maßgabe aus dem Rechtsausschuss entschieden, wodurch das Verhältnis der neu gefassten §§ 44 Abs. 3 und 49 Abs. 4 BMG-E klargestellt wird. Danach regelt § 49 Abs.4 BMG-E nun abschließend die Voraussetzungen der automatisierten Erteilung der einfachen Melderegisterauskunft.

Nach derzeit geltendem Bundesmeldegesetz können Privatpersonen oder Unternehmen unter Angabe einiger Daten, die eine gesuchte Person eindeutig identifizieren, bspw. Auskunft über die private Meldeadresse dieser Person erhalten. Dazu muss derzeit alternativ der Familienname, ein früherer Name, Geburtsdatum, Geschlecht oder eine Anschrift angegeben werden. Dies hat zur Folge, dass Personen häufig schon unter Angabe des Vor- und Familiennamens bei der zuständigen Meldebehörde eindeutig identifiziert werden können. Anfragende erhalten dann die aktuelle Anschrift der Person. Hier sieht der Bundesrat Missbrauchspotential im Zuge der Problematik des zunehmenden Aggressionspotenzials gegenüber Einsatz- und Rettungskräften und anderen Personen, die aufgrund ihrer beruflichen oder ehrenamtlichen Tätigkeit im öffentlichen Raum exponiert sind.

Der Bundesrat hat mit den Stimmen Sachsens eine Entschließung zur Regulierung von Wildtierimporten beschlossen. Hierdurch sollen Wilderei, Wildfänge und Artensterben besser bekämpft werden.

Mit der Entschließung, die auf eine Initiative Schleswig-Holsteins zurückgeht, bittet der Bundesrat die Bundesregierung u.a. sich auf europäischer Ebene für eine umfassende Regulierung einzusetzen. Import, Besitz und Verkauf von Wildtieren, die in ihrem Heimatland illegal gefangen und exportiert worden sind, sollen verboten werden.

Der Bundesrat fordert weiterhin die Schaffung und Anwendung klarer Regelungen für den Handel mit allen Wildtierarten, unabhängig von deren Gefährdungsgrad. Ein wichtiges Kriterium ist dabei, dass importierte Arten gut gehalten wurden, keine gefährdeten Arten sind und vermehrt werden können.

Zur Umsetzung einer verbesserten ImportKontrolle erachtet der Bundesrat Fortbildungen für Grenzkontrollstellen, den Zoll und weitere betroffene Behörden im Bereich Artenschutz für notwendig. Ebenso werden strengere Auflagen für den Internethandel und das Ausrichten von Tierbörsen angestrebt. Das Anbieten von Wildtieren über Online-Börsen soll verboten werden. Nicht zuletzt, da Käuferinnen und Käufer von exotischen Tierarten den besonderen Haltungsbedürfnissen oftmals nicht gerecht werden, bittet der Bundesrat die Bundesregierung zu prüfen, ob nicht die Liste an Tieren, bei denen bereits ein Sachkundenachweis notwendig ist, erweitert werden kann.

Der Bundesrat hat mit den Stimmen Sachsens eine Entschließung gefasst, die das Ziel verfolgt, das Zulassungsverfahren für den Wiederaufbau der Energieinfrastrukturen nach Katastrophenfällen zu vereinfachen.

Bei Schadenslagen, wie den jüngsten Hochwasserfluten, sollen zukünftig zur Beschleunigung und zur besseren Krisenresilienz Maßnahmen des veränderten Wiederaufbaus lediglich anzeigepflichtig sein, sofern dafür Ersatzbauten ohne wesentliche Änderungen benötigt werden. Ein besonderes Augenmerk solle bei den Vereinfachungen auf die Verteilnetzinfrastruktur gelegt werden.

Die Bundesregierung wird mit der Entschließung gebeten, eine separate Planfeststellungsfähigkeit für bislang nur als Nebenanlagen zulassungsfähigen Anlagen, wie zum Beispiel Umspannwerke, zu ermöglichen. Dies könne nicht nur beim Wiederaufbau der Versorgungsstrukturen an sichereren Orten die Resilienz erhöhen, sondern auch die weitere Optimierung der Energieinfrastrukturen für die Energiewende erleichtern.

Der Bundesrat hält es zudem für erforderlich, zukünftig bei allen für Energieinfrastrukturen zu betrachtenden Szenarien auch ein Langfristszenario für das Klimaziel 2045 vorzusehen. Die Kenntnis über Langfristbedarfe ermögliche es nicht nur beim Wiederaufbau nach Katastrophenfällen die Energieinfrastruktur gleich langfristig richtig zu dimensionieren, sondern auch generell Synergieeffekte einer integrierten Betrachtung heben zu können.

Der Bundesrat hat der Änderung der Verordnung über die Heizkostenabrechnung mit Maßgaben zugestimmt. Sachsen hat die Verordnung mit Maßgaben unterstützt. Eine begleitende Entschließung zur Neuaufteilung der CO2-Mehrkosten hat der Freistaat nicht unterstützt.

Mit der neu gefassten Heizkostenverordnung werden Energieeffizienzrichtlinien der europäischen Ebene in bundesdeutsches Recht überführt. Zur Umsetzung der geänderten EU-Richtlinie von 2018 betreffen neue Regelungen in der Heizkostenverordnung insbesondere den verpflichtenden Einbau fernablesbarer Messgeräte zur Verbrauchserfassung, zudem zur unterjährigen Verbrauchsinformation und zur Abrechnungsinformation. Weiterhin werden Vorgaben zur Interoperabilität von Zählersystemen umgesetzt.

In diesem Zusammenhang beschloss der Bundesrat Maßgaben, wonach die neue Bundesregierung die Auswirkungen dieser Regelungen auf Mieter drei Jahre nach dem Inkrafttreten im Hinblick auf zusätzliche Betriebskosten durch fernablesbare Ausstattungen und den Nutzen der Ausstattungen für Mieterinnen und Mieter evaluiert. Mit der Festlegung dieser Evaluation im Verordnungstext wird sichergestellt, dass die Evaluation durchgeführt und veröffentlicht wird.

Mit der neuen Heizkostenverordnung wird der Markt in einem Schub stärker digitalisiert, der Wettbewerb unter den Anbietern wird gestärkt und die Verbraucherinnen und Verbraucher werden zu einem effizienterem Verhalten beim Heizen angeregt.

Der Bundesrat hat heute neue Mitglieder und stellvertretende Mitglieder für den Eisenbahninfrastrukturbeirat benannt. Für Sachsen wurde Staatssekretärin Ines Fröhlich (Sächsisches Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr) als Mitglied benannt. Sachsen war bislang stellvertretendes Mitglied und wird zukünftig als Vollmitglied im Beirat vertreten sein.

Zum Hintergrund: Der Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen obliegt die Aufgabe, die Einhaltung der Rechtsvorschriften über den Zugang zur Eisenbahninfrastruktur zu überwachen. Zur Unterstützung der Bundesnetzagentur wurde der Eisenbahninfrastrukturbeirat gebildet, der aus jeweils neun Mitgliedern des Deutschen Bundestages und neun Vertreterinnen oder Vertretern des Bundesrates besteht. Die Vertreterinnen oder Vertreter des Bundesrates müssen Mitglieder einer Landesregierung sein oder diese politisch vertreten.

Die Mitglieder des Eisenbahninfrastrukturbeirates und die stellvertretenden Mitglieder werden jeweils auf Vorschlag des Deutschen Bundestages und des Bundesrates von der Bundesregierung zu Beginn jeder neuen Wahlperiode des Deutschen Bundestages berufen.

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